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Konsum und Besitz von Cannabis von bis zu 25 Gramm sollen künftig erlaubt werden

Bundestag macht unter massiver Kritik den Weg für teilweise Legalisierung von Cannabis frei

Gesundheit

Nach jahrelangen Diskussionen in Politik und Medizin ist der Weg für legales Kiffen in Deutschland in bestimmten Fällen frei: Der Bundestag stimmte am Freitag nach teils hitziger Debatte mehrheitlich für einen entsprechenden Gesetzentwurf von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), der eine teilweise Legalisierung der bisher verbotenen Droge Cannabis vom 1. April an für Erwachsene vorsieht. 407 Abgeordnete votierten für das umstrittene Vorhaben, 226 dagegen bei vier Enthaltungen. Union und AfD kritisierten das Gesetz scharf.


Konsum und Besitz von Cannabis von bis zu 25 Gramm sollen künftig erlaubt werden, aber ausschließlich für Erwachsene. Verboten bleibt der Konsum in unmittelbarer Gegenwart von Minderjährigen und in der Nähe von Schulen, Kitas und Sportstätten. Anbau und Abgabe soll dann vom 1. Juli an über Anbauvereine, sogenannte Cannabis-Clubs, ermöglicht werden. Im Eigenanbau zuhause sind bis zu 50 Gramm sowie drei Pflanzen erlaubt. Dieser muss vor dem Zugriff von Minderjährigen geschützt werden.


Die Debatte zusammengefasst:

In einer kontroversen Debatte im Bundestag verteidigte Lauterbach vor der Schlussabstimmung seinen Gesetzentwurf gegen Kritik. "Die Lage, in der wir jetzt sind, ist in keiner Weise akzeptabel", sagte der Minister mit Blick auf den "bedenklichen kriminellen Schwarzmarkt". Das Gesetz schaffe nun eine legale Alternative. Damit ende auch eine "Tabuisierung" von Cannabis-Konsum.

"Wir klären auf über die Gefahren von Cannabis insbesondere für das wachsende Gehirn", sagte Lauterbach weiter. Er selbst sei "über viele Jahre hinweg Gegner einer Legalisierung" gewesen. Die Konsumenten dem Schwarzmarkt zu überlassen sei aber keine Lösung. "Wir haben junge Leute, denen wir das Leben zerstört haben, weil wir sie nicht geschützt haben vor dem Schwarzmarkt", sagte Lauterbach. "Wir haben sie ins offene Messer laufen lassen."

Bisher würden jährlich 180.000 Delikte im Zusammenhang mit Cannabis registriert, sagte Lauterbach. Diese zu verfolgen, binde zu viele Kräfte, die an anderer Stelle fehlten, betonte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) im Vorfeld.

Die CDU-Abgeordnete Simone Borchardt sieht in dem Gesetz dagegen "eine Steilvorlage für jeden Dealer". Die organisierte Kriminalität werde mit dem Gesetz nicht bekämpft. "Sie machen Politik für Ihre Ideologie und nicht für das Land", sagte Borchardt im Bundestag. Cannabis-Konsum verursache Beeinträchtigungen der kognitiven Fähigkeiten, fördere Depressionen und Psychosen.

Kirsten Kappert-Gonther von den Grünen nannte das Gesetz hingegen einen "Meilenstein einer vernunftgeleiteten Drogenpolitik". Bisher kämen Kinder und Jugendliche "an jeder Ecke ganz leicht an Cannabis". Dieser Schwarzmarkt verschärfe die Risiken des Konsums. 

Auch die FDP-Abgeordnete Kristine Lütke sprach von einem "historischen Wendepunkt". Die Drogenpolitik gehe weg von "gescheiterter Prohibition hin zum Umgang mit Cannabis, der der gesellschaftlichen Realität entspricht". Ates Gürpinar von den Linken nannte das Gesetz einen "enormen Schritt". Konsumenten würden geschützt "vor dem Dreck, der auf dem Schwarzmarkt rumgeht".

Stephan Pilsinger (CSU) warf den Ampel-Fraktionen vor, kein Cannabiskontroll-Gesetz, sondern "ein Dealerschutz-Gesetz" zu verabschieden. "Welche Droge wollen Sie eigentlich als nächstes legalisieren? Kokain? LSD?", fragte Pilsinger in Richtung der Bundesregierung. 

Der AfD-Abgeordnete Jörg Schneider kritisierte die versetzte Freigabe. Dass Besitz und Konsum zum 1. April erlaubt, die Cannabis-Clubs aber erst zum 1. Juli geöffnet werden sollen, werde den Schwarzmarkt in der Übergangsphase stark beleben. Dies sei "ein Konjunkturprogramm für das organisierte Verbrechen".

Kritik kam auch aus der Medizin. "Mit 18 Jahren ist die Hirnentwicklung noch nicht abgeschlossen. Daher kann der Konsum von Cannabis bei Jugendlichen große Schäden anrichten, vor allem, wenn er regelmäßig ist", erklärt Euphrosyne Gouzoulis-Mayfrank von der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde.

hol/bk  © Agence France-Presse


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