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WM: Kein Gesang der iranischen Hymne

Iranische WM-Fußballer schweigen bei der Nationalhymne

Die Fußballer der iranischen Nationalmannschaft haben vor ihrem WM-Auftaktspiel gegen England ihre Nationalhymne nicht mitgesungen. Beim Abspielen der iranischen Hymne im Stadion in Doha schwiegen die Spieler am Montag als Zeichen der Solidarität mit den Regierungskritikern in ihrer Heimat. Im Iran wurden unterdessen die beiden bekannten Schauspielerinnen Hengameh Ghasiani und Katajun Riahi festgenommen, die die Proteste unterstützt und in der Öffentlichkeit ihre Kopftücher abgenommen hatten.

Der Kapitän der iranischen Nationalmannschaft, Alireza Jahanbakhsh, hatte vor Beginn der WM in Katar gesagt, das Team werde "gemeinsam" entscheiden, ob es als Zeichen der Unterstützung für die Opfer der Unterdrückung der Proteste die Nationalhymne anstimmen werde oder nicht.

Während der Hymne war auf Fernsehbildern kurz eine Zuschauerin mit weißem Kopftuch auf der Tribüne zu sehen, die den schweigenden Spielern applaudierte, während ihr Tränen übers Gesicht liefen. Im Tribünenbereich der iranischen Fans war kurzzeitig auch ein Plakat mit der Aufschrift "Frau, Leben, Freiheit" auf Englisch zu sehen, dem Slogan der Protestbewegung.

Im Iran gehen seit dem Tod der jungen Kurdin Mahsa Amini Mitte September landesweit Menschen gegen die Führung in Teheran auf die Straße. Die 22-Jährige war von der Sittenpolizei festgenommen worden, weil sie ihr Kopftuch nicht ordnungsgemäß getragen haben soll. Sie starb kurze Zeit später im Krankenhaus. Aktivisten werfen der Polizei vor, Amini misshandelt zu haben.

Die Proteste gegen die Sittenpolizei schlugen rasch in Demonstrationen für mehr Frauenrechte und Freiheiten im Iran sowie Demokratie generell um. Die Sicherheitsbehörden gehen äußerst hart gegen die Proteste vor, zuletzt vor allem in den Kurdengebieten im Nordwesten und Westen des Landes.

Am Montag setzten die Sicherheitskräfte dort schwere Waffen und scharfe Munition gegen Demonstrierende ein, wie die in Norwegen ansässige Menschenrechtsorganisation Hengaw mitteilte. In der Nacht wurden demnach die Städte Piranschahr, Mariwan und Dschawanrud beschossen. Binnen 24 Stunden hätten die Sicherheitskräfte in der Region 13 Menschen getötet, erklärte Hengaw.

Auch bei Raketen- und Drohnenangriffen der iranischen Revolutionsgarden auf kurdische Exilgruppen im Nordirak wurde am Montag ein Mensch getötet. "Ein Mitglied der Peschmerga wurde bei einem iranischen Angriff auf das Gebiet Kojsindschak getötet", sagte Ali Budaghi von der Demokratischen Partei Iranisch-Kurdistans (PDKI). Als Peschmerga werden die Streitkräfte der autonomen Kurdenregion im Nordirak bezeichnet.

Teheran wirft kurdischen Exilgruppen im Nordirak vor, die Proteste im Iran zu schüren. Kurdische Organisationen unterstützen die Proteste im Iran und prangern die Gewalt gegen Demonstrierende an.

Auch die Schauspielerinnen Hengameh Ghasiani und Katajun Riahi hatten sich mit der Protestbewegung solidarisiert. Die 52-jährige Ghasiani, eine vehemente Kritikerin der Unterdrückung der Proteste, hatte am Samstagabend auf Instagram ein Video veröffentlicht, in dem sie ihr Kopftuch ablegt. "Vielleicht ist dies mein letzter Beitrag", schrieb sie vor ihrer Vernehmung durch die Staatsanwaltschaft. "Was auch immer mit mir geschieht, ihr sollt wissen, dass ich bis zu meinem letzten Atemzug auf der Seite der iranischen Bevölkerung stehe."

Vergangene Woche hatte Ghasiani die iranische Staatsführung als "Kindermörder" bezeichnet und ihr vorgeworfen, mehr als 50 Kinder "ermordet" zu haben. Laut der staatlichen Nachrichtenagentur Irna wurde sie am Sonntag wegen Anstiftung und Unterstützung von "Unruhen" sowie wegen Kontakts zu oppositionellen Medien in Haft genommen.

Die 60-jährige Riahi, die auch für ihre Wohltätigkeitsarbeit bekannt ist, wurde laut Irna ebenfalls vorgeladen und in Haft genommen. Riahi hatte im September dem in London ansässigen TV-Sender Iran International ein Interview gegeben, bei dem sie kein Kopftuch trug.

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