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Fehlende Konsequenzen bei NSU-Morden

Es besteht Kritik an fehlenden Konsequenzen zehn Jahre nach dem Bekanntwerden der NSU-Morde.

Zehn Jahre nach Bekanntwerden der rechtsextremen NSU-Mordserie gibt es weiter Forderungen nach einer umfassenden Aufarbeitung und nach Konsequenzen in den Sicherheitsbehörden. Amnesty International kritisierte am Mittwoch, dass es kaum Verbesserungen bei der Polizei gegeben habe, die ähnliche Taten verhindern könnten. Die Linke sah noch viele offene Fragen bei der Aufklärung und die FDP forderte eine stärkere parlamentarische Kontrolle der Nachrichtendienste.

Die rechtsextreme Zelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) hatte über Jahre hinweg insgesamt zehn Morde, zwei Bombenanschläge und mehr als ein Dutzend Überfälle verübt. Unter den Ermordeten des NSU waren neun Menschen mit Migrationshintergrund. Der Zusammenhang zwischen den Taten wurde erst bekannt, nachdem am 4. November 2011 die NSU-Mitglieder Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt tot aufgefunden wurden und Bekennervideos auftauchten.

"Diese Bundesregierung hat alles in ihrer Macht Stehende getan, damit sich so etwas nicht wiederholt", erklärte Innenminister Horst Seehofer (CSU) auf Twitter. "Das sind wir den Opfern und ihren Angehörigen schuldig.“

Sein Ministerium verwies darauf, dass die NSU-Taten in Bund und Ländern aufgearbeitet worden seien. Es habe 13 Untersuchungsausschüsse gegeben, "deren Handlungsempfehlungen für Polizei, Justiz, Nachrichtendienste und Demokratieförderung weitestgehend umgesetzt wurden".

Amnesty kritisierte aber, dass Empfehlungen des NSU-Untersuchungsausschusses im Bundestag nicht weit genug gegangen seien. So sei etwa eine "unabhängige Untersuchung zu institutionellem Rassismus in Polizeibehörden nicht gefordert worden".

Andere Empfehlungen seien nur unzureichend umgesetzt worden, erklärte der Amnesty-Polizeiexperte Philipp Krüger. "So wie die Polizei heute aufgestellt ist, erscheint es nicht wirklich wahrscheinlich, dass ein erneutes Versagen wie beim NSU-Komplex tatsächlich verhindert werden kann." Amnesty forderte, die neue Bundesregierung müsse sich deshalb "mit Entschlossenheit" für eine Polizei einsetzen, "die alle Menschen in Deutschland vor menschenfeindlicher Gewalt schützt".

Die Linken-Vorsitzende Susanne Hennig-Wellsow verlangte ihrerseits weitere "Aufklärung, weil noch zu viele Fragen offen sind". Ihre Ko-Vorsitzende Janine Wissler verwies darauf, dass noch immer "zahlreiche Akten nicht zugänglich und über Jahrzehnte als geheim eingestuft" seien. "Aufklärung unter Verschluss ist keine Aufklärung."

Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang hatte jüngst offene Fragen eingeräumt. Demnach ist weiter die Rolle eines ehemaligen Mitarbeiters des hessischen Landesamts für Verfassungsschutzes unklar und auch das Motiv für den NSU-Mord an einer Polizistin. Zudem gibt es demnach Unklarheit, ob die NSU-Täter sich wirklich selbst über Banküberfälle finanzieren konnten oder finanzielle Unterstützer hatten. 

Der Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke 2019, die Anschläge von Halle und Hanau und das Auffliegen mehrerer rechtsterroristischer Gruppierungen zeigten Jahre nach den NSU-Taten, "wie hoch die reale Bedrohung von rechtem Terror ist", erklärte der FDP-Bundestagsabgeordnete Benjamin Strasser. "Die Lehren aus diesen Taten wurden leider bisher nur in Teilen gezogen. Wir brauchen sowohl eine Neuordnung unserer föderalen Sicherheitsarchitektur wie auch eine viel stärkere und effektive parlamentarische Kontrolle von Nachrichtendiensten."

mt/pw