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Lebenslänglich für Mladic wegen Völkermord


Ein UN-Gericht hat die Verurteilung des früheren bosnisch-serbischen Armeechefs Ratko Mladic zu lebenslanger Haft wegen Völkermords, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit bestätigt. Das Nachfolgegericht des Internationalen Strafgerichtshofs für Ex-Jugoslawien in Den Haag hielt das 2017 gegen Mladic gefällte Urteil in seiner Berufungsentscheidung am Dienstag aufrecht. Damit ist die Verurteilung nicht mehr anfechtbar.

Mladic war wegen seiner Verantwortung für das Massaker von Srebrenica sowie weiterer Kriegsverbrechen im Bosnien-Krieg zu lebenslanger Haft verurteilt worden und hatte dagegen Berufung eingelegt. Diese wies das Gericht nun in einer endgültigen Entscheidung zurück.

Der als "Schlächter von Bosnien" bekannt gewordene Mladic gilt als einer der Hauptverantwortlichen für Kriegsverbrechen und Völkermord während des Bosnien-Krieges (1992 bis 1995), in dessen Verlauf etwa 100.000 Menschen getötet und 2,2 Millionen Menschen in die Flucht getrieben wurden. In der bosnischen Stadt Srebrenica hatten bosnisch-serbische Soldaten 1995 mehr als 8000 muslimische Jungen und Männer ermordet. Der inzwischen knapp 80 Jahre alte Mladic weist bis heute jede Verantwortung für die Gräuel zurück.

US-Präsident Joe Biden begrüßte das Gerichtsurteil am Dienstag als "historisch". Es zeige, dass "diejenigen, die schreckliche Verbrechen verüben, zur Rechenschaft gezogen werden". UN-Menschenrechtkomissarin Michelle Bachelet erklärte, das Urteil illustriere "die Entschlossenheit des internationalen Justizsystems, Rechenschaft durchzusetzen, egal wie lange es dauert - in Mladics Fall fast drei Jahrzehnte seit seinen abstoßenden Verbrechen".

Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) zeigte sich "erleichtert" über die Gerichtsentscheidung. Er hoffe, dass diese "ein gewisser Trost" für die Opfer und Hinterbliebenen sei.

Mütter einiger der damals getöteten Männer und Jungen warteten während der Urteilsverkündung am Dienstag vor dem Gericht in Den Haag. Es handele sich um einen "historischen Tag, nicht nur für uns Mütter, sondern für den gesamten Balkan, Europa und die Welt", sagte Munira Subasic vom Verband der Mütter von Srebrenica. Mladic sei "ein Monster", der seine Taten selbst 26 Jahre später noch immer nicht bereue.

Am Völkermord-Mahnmal in Srebrenica wurden anlässlich der Urteilsverkündung auf einer Großleinwand Zeugenaussagen über die Massaker gezeigt. "Anstatt mich an Enkeln zu erfreuen, bin ich hierher gekommen um zu weinen", sagte die 69-jährige Munevera Kabeljic, die die Gräber ihres Mannes und ihrer im Alter von 17 und 20 Jahren ermordeten Söhne besuchte.

Unter Mladics Führung hatten bosnisch-serbische Truppen die als UN-Schutzzone deklarierte Stadt Srebrenica im Juli 1995 nahezu kampflos eingenommen. Um Mladics persönliche Verantwortung für das Massaker von Srebrenica nachzuweisen, hatte die Staatsanwaltschaft im Berufungsverfahren Videoaufnahmen gezeigt, auf denen der damalige General beim Verteilen von Süßigkeiten an Kinder in Srebrenica zu sehen war, bevor diese mit ihren Müttern in Bussen weggebracht wurden. Unmittelbar darauf führten bosnisch-serbische Soldaten die Väter und Söhne der Familien ab und erschossen sie in einem nahegelegenen Wald. 

Insgesamt wurden bei dem Massaker von Srebrenica mehr als 8000 Männer und Jugendliche ermordet. Die systematische Hinrichtung der muslimischen Männer und Jungen war das schwerste Kriegsverbrechen in Europa seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Mladic tauchte nach dem Ende des Bosnien-Kriegs jahrelang unter, erst 2011 wurde er gefasst.

Als Hauptverantwortliche für die Verbrechen im Bosnien-Krieg gelten neben Mladic der damalige Serbenführer Radovan Karadzic und der ehemalige jugoslawische Präsident Slobodan Milosevic. Karadzic verbüßt derzeit eine lebenslange Haftstrafe wegen Völkermords und Kriegsverbrechen. Milosevic starb 2006 in einer Gefängniszelle an einem Herzinfarkt, bevor es zu einem Urteil gegen ihn kommen konnte. 

Trotz der Schuldsprüche werden Mladic und Karadzic von vielen bosnischen Serben bis heute verehrt.

gt/mid

Danny KEMP / © Agence France-Presse