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Notzulassung von AstraZeneca in Großbritannien

Grundlage der Notzulassung bildet eine Phase 3-Studie. Die Ergebnisse zeigten, dass der Impfstoff von AstraZeneca zwar eine etwas schwächere Schutzwirkung als die Vakzine von Biontech/Pfizer erzielt. Vorteile sind hingegen der günstigere Preis und die einfachere Lagerung.

Die britische Medicines and Healthcare products Regulatory Agency (MHRA) hat dem SARS-CoV-2-Impfstoff AZD1222 der Firma AstraZeneca, der von Forschern der Universität Oxford und ihrem Spin-out-Unternehmen Vaccitech entwickelt wurde, eine Notfallzulassung erteilt.

Grundlage bilden die Anfang Dezember publizierten Ergebnisse einer Phase 3-Studie, in der der Adenovirus-basierte Impfstoff eine etwas geringere Schutzwirkung erzielt hatte als die mRNA-Vakzinen von Biotech/Pfizer und Moder­na. Ein Vorteil von AZD1222 könnten die geringeren Kosten und die fehlende Notwendigkeit einer Tiefkühlung sein.

Der Oxford-Impfstoff (ChAdOx1 nCoV-19) verwendet eine nicht zur Replikation fähige Version eines Adenovirus. Das Virus ist mit dem Gen für das komplette Spike-Protein von SARS-CoV-2 beladen. Es infiziert nach der intramuskulären Injektion des Impfstoffs die Muskelzellen. Dort wird dann das Spike-Protein gebildet, das eine Immunreaktion gegen SARS-CoV-2 mit der Produktion von Antikörpern und der Bildung von T-Zellen veranlassen soll.

Die Forscher verwendeten als Vorlage eine von chinesischen Forschern zu Beginn der Epidemie publizierte Gensequenz des Spike-Proteins. Sie unterscheidet sich zwar von dem Spike-Gen der neuen Variante VOC 202012/01. Die Experten erwarten jedoch, dass die durch den Impfstoff generierten Antikörper weiterhin die Mehrzahl der unveränderten Epitope auf dem S-Protein erkennen.

Eine Schwäche von AZD1222 gegenüber dem ebenfalls Adenovirus-basierten russischen Impfstoff Sputnik V besteht darin, dass für die Auffrischung, die innerhalb von 12 Wochen nach der ersten Dosis erfolgen soll, dasselbe Adenovirus verwendet wird. Dies hat in der Phase 3-Studie nach einer hohen ersten Dosis zu einer abgeschwächten Booster-Wirkung geführt, die auf eine Antikörper-Reaktion gegen das Adenovirus zurückzuführen sein könnte. Das Immunsystem würde dann verhindern, dass die Viren die Gene in den Muskelzellen abliefern.

Die Folge war eine etwas schwächere Schutzwirkung, die nach der Publikation im Lancet bei 70,4 Prozent lag mit einem 95-Prozent-Konfidenzintervall von 54,8 bis 80,6 Prozent. Bei den Teilnehmern, die bei der ersten Impfung eine niedrigere Dosis erhalten hatten, betrug die Schutzwirkung dagegen 90,0 Prozent (67,4 bis 97,0 Prozent). Schwere Erkrankungen oder Todesfälle an COVID-19 wurden durch die Impfung komplett vermieden. Die Fallzahl (10 schwere COVID-19, darunter 1 Todesfall, alle in der Kontroll-Gruppe) war jedoch relativ gering.

Die Sicherheitsanalyse fiel positiv aus. Die Inzidenz schwerwiegender unerwünschter Ereignisse betrug in der Impfstoffgruppe 0,7 Prozent und in der Kontrollgruppe 0,8 Prozent, bei insgesamt 74.341 Personen­monaten nach der ersten Dosis (median 3,4 Monate) und 29.060 Personenmonaten nach zwei Dosen (median 2,0 Monate).

Ein Vorteil von AZD1222 ist sicherlich, dass der Impfstoff bei 2 bis 8 Grad Celsius, also in normalen Kühlschränken gelagert werden kann, während die mRNA-Impfstoffe tiefgefroren transportiert und aufbewahrt werden müssen. Auch der Preis ist mit etwa 2 Euro pro Dosis günstiger als die Vakzinen von Biotech/Pfizer und Moderna, die bei über 10 Euro pro Dosis liegen.

In Großbritannien sollen bereits am 4. Januar die ersten Impfungen stattfinden, wie Ge­sund­heits­mi­nis­ter Matt Hancock heute mitteilte. Es sei „brilliant, das Jahr 2020 mit einem solchen Moment der Hoffnung zu beenden“, so Hancock. Großbritannien ist damit das erste Land, in dem der vergleichsweise günstige Impfstoff eingesetzt werden kann. Unternehmenschef Pascal Soriot zeigte sich zuletzt zuversichtlich, dass der Impfstoff auch gegen die Coronamutation wirksam sei, die kürzlich in Großbritannien entdeckt wurde und die nach Experteneinschätzungen offenbar ansteckender ist als die bisher bekannte Variante.

Quelle: rme/afp/aerzteblatt.de

Foto: /picture alliance/dpa/PA Media | John Cairns/University Of Oxford Ein Forscher arbeitet in einem Labor des Jenner-Instituts an dem von Astrazeneca und der Universität Oxford entwickelten Impfstoff gegen das Coronavirus arbeitet.