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Schlaganfall: Mehr Todesfälle während Lockdown im Frühjahr

Im Frühjahr sind weniger Schlaganfall- und Herzinfarktpatienten behandelt worden. Gleichzeitig lag die Sterberate im Vergleich zum Vorjahr signifikant höher.

In deutschen Krankenhäusern sind von Mitte März bis Anfang April 2020 im Ver­gleich zum Vorjahreszeitraum sehr viel weniger Herzinfarktpatienten (minus 28 Prozent) und Schlaganfallpatienten mit H*rninfarkt oder Hirnblutung (minus 15 Prozent) behandelt worden.

Das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) hat diese Fallzahlrückgänge bei Notfällen von AOK-Versicherten jetzt genauer analysiert. Ein Ergebnis lautet: Bei der geringeren Zahl von Schlaganfallpatienten, die in den Kliniken ankamen, zeigt sich eine gegenüber dem Vorjahr signifikant erhöhte Sterblichkeitsrate: Die 30-Tage-Sterblichkeit stieg von zwölf Prozent im Frühjahr 2019 auf 15 Prozent in diesem Frühjahr.

„Auch die absolute Zahl der verstorbenen AOK-Patienten ist gegenüber dem Vergleichs­zeitraum 2019 gestiegen – und das, obwohl weniger Patienten in den Kliniken angekom­men sind“, berichtet Jürgen Klauber, Geschäftsführer des WIdO.

Die im „Qualitätsmonitor 2020“ des WidO veröffentliche Analyse von rund 7.700 Herzinfarkt- und fast 14.000 Schlaganfallfällen in 2019 und 2020 zeigt: Im Frühjahr 2020 ist insbeson­dere die Zahl von Notfallpatienten mit leichten oder unspezifischen Symp­tomen zurückge­gangen. So wurden wegen einer transitorisch ischämischen Attacke, bei der es für höchstens 24 Stunden zu Schlaganfallsymptomen kommt, 35 Prozent weniger Patienten behandelt als im Vorjahr.

Trotz der deutlichen Fallzahlrückgänge stieg die Zahl der Patienten, die innerhalb von 30 Tagen nach einem H*rninfarkt oder einer Hirnblutung verstarben, von 714 im Frühjahr 2019 auf 740 im Frühjahr 2020. COVID-19-Patienten wurden bei dieser Analyse heraus­gerechnet.

Ein ähnliches Bild zeigt sich beim Herzinfarkt. Die Zahl der Behandlungen von schweren Herzinfarkten mit komplettem Verschluss eines großen Herzkranzgefäßes und charakte­ristischen EKG-Veränderungen ist im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum um 24 Prozent zurückgegangen. Stärker ausgeprägt war der Rückgang mit minus 29 Prozent bei sogenannten NSTEMI, also leichteren Herzinfarkten, bei denen die Gefäße oft nicht kom­plett verschlossen sind.

„Die Angst vor einer COVID-19-Infektion könnte gerade Patienten mit leichteren Beschwer­den davon abgehalten haben, sich ins Krankenhaus zu begeben. Diese Sorge muss den Patienten genommen werden, denn bei der Behandlung von Herzinfarkt und Schlaganfall zählt wirklich jede Minute“, sagte Klauber.

Ein weiteres zentrales Ergebnis der Analyse für den Qualitätsmonitor: Die Notfallversor­gung im Krankenhaus hat in der Frühphase der Pandemie unverändert funktioniert und die Be­handlungsprozesse in der Klinik liefen zum Teil schneller. Wichtige – und zeitkritische – Behandlungen zur Wiedereröffnung verschlossener Blutgefäße fanden im Frühjahr 2020 bei einem höheren Anteil von Herzinfarkt- und H*rninfarktpatienten bereits am Tag der Klinik­einweisung statt.

„Der Grund hierfür sind möglicherweise die besseren Anfahrts- und Transportbedingun­gen für den Rettungsdienst in der Lockdownphase, aber auch die frei gewordenen Kapazitäten für solche dringlichen Eingriffe aufgrund der Absage vieler planbarer Operationen“, vermu­tet Klauber.

Die durchschnittliche Liegedauer war sowohl bei Schlaganfällen als auch bei Herzinfark­ten signifikant kürzer als 2019. „Insgesamt haben wir keine Hinweise auf eine vermin­derte Qualität der stationären Notfallbehandlung im Frühjahr gefunden, sondern im Gegenteil eher schnellere und glattere Prozesse“, so der Wissenschaftler.

Quelle: hil/aerzteblatt.de

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