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Psychologen entwickeln Modell zur Integration von Flüchtlingen

Forscher analysieren Faktoren und Konsequenzen für Geflüchtete und aufnehmende Gesellschaft


Auch wenn durch Grenzschließungen als Folge der Corona-Krise derzeit weniger Menschen in Deutschland einreisen, bleibt die Debatte über die Integration von Flüchtlingen aktuell. Nach Angaben der Vereinten Nationen gibt es derzeit mehr als 79 Millionen Menschen, die unfreiwillig ihre Heimatorte verlassen mussten und auf absehbare Zeit nicht wieder dorthin zurückkehren können. Eine langfristige Integration von Geflüchteten in die aufnehmenden Länder gilt damit als naheliegende Lösung. Wie eine solche Integration am besten gelingen kann, ist jedoch teilweise noch unklar.

Psychologen der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU) haben jetzt ein Modell entwickelt, mit dem die psychologischen Faktoren analysiert werden können, von denen eine erfolgreiche Integration abhängt. Das Modell namens PARI (Psychological Antecedents of Refugee Integration) berücksichtigt dabei gleichermaßen die Perspektiven der Flüchtlinge und der Mitglieder der aufnehmenden Gesellschaft. Die Wissenschaftler haben ihr Modell in der Fachzeitschrift „Perspectives on Psychological Science“ veröffentlicht.

Über das Modell:

Entwickelt wurde das PARI-Modell von Prof. Dr. Gerald Echterhoff, Dr. Jens Hellmann, Prof. Dr. Mitja Back, Prof. Dr. Joscha Kärtner, Prof. Dr. Nexhmedin Morina und Prof. Dr. Guido Hertel vom Institut für Psychologie der WWU.

Im Unterschied zu politischen oder juristischen Kategorisierungen von Flüchtlingen betrachten die Autoren das Thema Flucht und die damit verbundenen Konsequenzen vor allem aus Sicht der Betroffenen. „Aus psychologischer Sicht sieht sich eine geflüchtete Person zur Migration gezwungen, nimmt diese also als fremdbestimmt und alternativlos wahr“, erläutert Jens Hellmann. Ausschlaggebend für den empfundenen Zwang zur Migration („forcedness of migration“) sind häufig Kriege, Verfolgung oder die zum Teil drastischen Folgen des Klimawandels.

Die Risiken und potenziellen Leiden aufgrund von Migration können psychische Prozesse aktivieren, die sowohl die Flüchtlinge als auch die Angehörigen der aufnehmenden Gesellschaft betreffen. Darüber hinaus können die Belastungen und Gefährdungen bei den Flüchtlingen das Bedürfnis nach Integration in einem sicheren Gastland verstärken. Jedoch ist es möglich, dass das Gefühl von Kontrollverlust, die Rolle als hilfsbedürftige Opfer oder die Verarbeitung traumatischer Erinnerungen wichtige psychische Ressourcen einschränken und damit die Integration behindern.

„Zudem kann die Wahrnehmung von erzwungener Migration und den damit verbundenen Belastungen bei Mitgliedern der aufnehmenden Gesellschaft einerseits Empathie für die Geflüchteten verstärken. Andererseits können Gefühle der Bedrohung durch Geflüchtete erwachsen“, ergänzt Erstautor Gerald Echterhoff.

Förderung:

Die Veröffentlichung erhielt finanzielle Unterstützung durch einen „Science Synergy Grant“ des Instituts für Psychologie der WWU.

Originalpublikation:

G. Echterhoff et al. (2020). Psychological antecedents of refugee integration (PARI). Perspectives on Psychological Science; DOI: 10.1177/1745691619898838