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Eklat: Leipziger Buchmesse eröffnet - Zwischenrufe bei Scholz-Rede

Am Donnerstagabend will Steinmeier in Leipzig zu 35 Jahren Friedliche Revolution und 75 Jahren Grundgesetz sprechen.

Kultur / Buchmesse

Mit einem Festakt ist am Mittwochabend die Leipziger Buchmesse eröffnet worden. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte am Mittwochabend bei der Eröffnungsveranstaltung im Gewandhaus, der Wert des Lesens bestehe vor allem im Zulassen anderer Perspektiven. "Mit jedem Kapitel, mit jeder neuen Seite können wir Gegensätze überwinden, die im Alltag manchmal unüberbrückbar scheinen", sagte er. Während seiner Rede wurde der Kanzler mehrfach von Zwischenrufen aus dem Publikum unterbrochen.

"Uns alle führt hier in Leipzig die Macht des Wortes zusammen, nicht die Macht des Geschreis", sagte Scholz, als eine Frau zu Beginn seine Reder dazwischenrief. Als er nochmals von lauten Rufen einer Zuschauerin unterbrochen wurde, sagte der Kanzler: "Ich glaube, dass es nicht richtig ist, Demokratie mit lautem Brüllen zu verwechseln."

Später rief ein weiterer Zuschauer dazwischen, offenbar aus Protest gegen Waffenlieferungen an Israel. Er wurde vom Publikum ausgebuht. 

Scholz ließ sich nicht weiter beirren und setzte seine Rede fort. Lesen sei der Beweis, "dass wir uns trotz unserer Unterschiede verstehen können, dass unsere Gesellschaften, in Deutschland, in Europa mitnichten dazu verdammt sind, auseinander zu driften", sagte der Kanzler. Es sei auch eine "täglich praktizierte Bereitschaft", etwa die "eigene Blase zu verlassen" oder die "eigene Perspektive in Frage zu stellen", betonte Scholz.

Der Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, Peter Kraus vom Cleff erklärte, die Buchbranche leiste einen wesentlichen Beitrag für eine offene und informierte Gesellschaft. Sie sehe sich daher in der Verantwortung, für den Erhalt einer lebendigen und starken Demokratie einzutreten.

Bei der Veranstaltung wurde traditionell der Leipziger Buchpreis Buchpreis zur Europäischen Verständigung verliehen, der in diesem Jahr an den deutsch-israelischen Philosophen Omri Boehm für sein Buch "Radikaler Universalismus. Jenseits von Identität" ging. Darin unterziehe Boehm den westlichen Liberalismus, vor allem aber das Denken in Identitäten, einer kritischen Revision, begründete die Jury ihre Entscheidung. Der mit 20.000 Euro dotierte Buchpreis zur Europäischen Verständigung wird seit 1994 vergeben.

An dem Festakt nahmen neben Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) auch der scheidende niederländischen Regierungschef Mark Rutte und der flämische Ministerpräsident Jan Jambon teil. Die Niederlande und Flandern sind in diesem Jahr Gastland der Buchmesse.

Darüber erfreut zeigte sich Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne), die ebenfalls an dem Festakt teilnahm. "Das ist ein starkes Zeichen für die Freundschaft zwischen unseren Ländern", erklärte sie. Es sei zudem eine "tolle Gelegenheit", sich mit der niederländischen und flämischen Gegenwartsliteratur auseinanderzusetzen.

Für Besucher und Fachpublikum öffnet die Messe, die mit rund 300.000 Gästen der wichtigste Frühjahrstreff der Buch- und Medienbranche ist, offiziell am Donnerstag ihre Türen. Dann wird auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier auf der Buchmesse zu einem Rundgang erwartet. Am Donnerstagabend will Steinmeier in Leipzig zu 35 Jahren Friedliche Revolution und 75 Jahren Grundgesetz sprechen. 

Am Donnerstag wird ebenfalls der Preis der Leipziger Buchmesse in den Kategorien Belletristik, Sachbuch und Übersetzung verliehen. Insgesamt gibt es 15 Nominierte. Bis Sonntag bietet die Buchmesse mit ihren Publikumsmagneten, der Manga-Comic-Con und dem traditionellen Lesefest Leipzig, tausende Veranstaltungen.

bfi/kbh © Agence France-Presse