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AKK im Fadenkreuz

Scholz sieht große Koalition nach Rücktrittsankündigung von AKK nicht in Gefahr und weitere Stimmen.


Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) sieht durch die Rückzugsankündigung von CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer den Fortbestand der großen Koalition nicht gefährdet. CDU, CSU und SPD hätten sich "auf eine Koalition für diese Legislaturperiode verständigt", sagte der Vizekanzler den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Dienstagsausgaben). Es spreche "alles dafür", dass die Koalition bis dahin halte. Kramp-Karrenbauer kündigte ihrerseits an, sich für den Fortbestand der Regierungskoalition einsetzen zu wollen.

Die CDU habe immer gesagt, dass sie "diese Legislaturperiode ordentlich zu Ende bringen" wolle, sagte Kramp-Karrenbauer am Montagabend in einem ARD-Interview. Die CDU-Vorsitzende hatte zuvor ihren Verzicht auf die Kanzlerkandidatur erklärt. Auch den Parteivorsitz will sie abgeben - allerdings erst nach Klärung der Kanzlerkandidatenfrage. Beim Parteitag im Dezember soll dann diese Person zu ihrem Nachfolger oder ihrer Nachfolgerin an der CDU-Spitze gewählt werden.

Bis spätestens Jahresende wolle die CDU "inhaltlich, personell und organisatorisch fit" für den Bundestagswahlkampf 2021 sein, sagte Kramp-Karrenbauer in dem ARD-Interview. Sobald ein Kanzlerkandidat oder eine Kanzlerkandidatin benannt sei, "macht es Sinn, die Ämter auch wieder zusammenzuführen". Kramp-Karrenbauer sagte, sie habe sich aus dem Rennen auch zurückgezogen, um "aus einer neutraleren Position heraus diesen Prozess zu steuern". 

CSU-Chef Markus Söder drängte die Schwesterpartei allerdings, ihre Führungsfrage zügig zu klären. "Jetzt da möglicherweise einen Schönheitswettbewerb zu machen, wer wann wo besser ist, wird nicht mehr Stabilität bringen", sagte der bayerische Ministerpräsident im Bayerischen Rundfunk. 

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD).

Auch Scholz äußerte den Wunsch, dass die CDU "ein stabiler, verlässlicher Partner" in der Regierungskoalition bleibe. Die Partei werde nun "erstmal mit sich beschäftigt sein". Der CDU stünden "erhebliche Diskussionen" bevor. Die Suche der CDU nach einem Kanzlerkandidaten und Parteivorsitzenden werde "die Regierungsarbeit aber nicht beeinträchtigen", sagte der Finanzminister. 

Kramp-Karrenbauer hatte in der durch die Ministerpräsidentenwahl in Thüringen ausgelösten Krise einen schweren Autoritätsverlust erlitten. Der Erfurter Landtag hatte mit den Stimmen von CDU und AfD den FDP-Politiker Thomas Kemmerich zum Regierungschef gewählt. Ein Unvereinbarkeitsbeschluss der CDU-Spitze verbietet jegliche Zusammenarbeit mit der AfD. Angesichts der massiven Kritik an seiner Wahl trat Kemmerich am Samstag zurück. 

Die Diskussion um die inhaltliche Ausrichtung der CDU hatte das Thüringen-Debakel schon vor der Rücktrittankündigung Kramp-Karrenbauers befeuert. Sie nahm seither an Schärfe weiter zu. In der Debatte geht es unter anderem um die sogenannte Werteunion, eine Vereinigung, die für einen dezidiert konservativen Kurs der Unionsparteien eintritt. Die Werteunion schließt im Gegensatz zur offiziellen Parteilinie eine Zusammenarbeit mit der AfD nicht aus, die Wahl Kemmerichs hatte sie begrüßt. 

Der Vorsitzende der Werteunion, Alexander Mitsch, zollte Kramp-Karrenbauer "großen Respekt" für ihre Rückzugentscheidung. Sie habe ein "sehr schweres Erbe" von Bundeskanzlerin und Ex-Parteichefin Angela Merkel antreten müssen, sagte Mitsch der "Passauer Neuen Presse". Allerdings sei jetzt eine "Politikwende" der CDU "dringend notwendig", damit Konservative und Wirtschaftsliberale wieder ihre Heimat in der Union fänden. Nötige Maßnahmen seien etwa Steuersenkungen und die Begrenzung der Zuwanderung.

Der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) griff die Werteunion scharf an. "Ein Bekenntnis zur Werteunion ist eine Beleidigung für alle CDU-Mitglieder", sagte er der "Rheinischen Post". Die CDU mache Politik auf den Fundamenten ihrer Werte, weshalb eine Werteunion nicht gebraucht werde. Hans forderte die Mitglieder der Vereinigung auf, sich zu überlegen, ob ihr Platz noch in der CDU/CSU sei. Falls nicht, müssten sie "konsequenterweise" ihr Parteibuch abgeben.

dja

© Agence France-Presse