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Debatte um Corona-Lockdown nimmt an Schärfe zu

Die Bundesregierung sieht angesichts zuletzt wieder gestiegener Infektionszahlen mögliche weitere Lockerungen derzeit skeptisch.

Forderungen nach konkreten Öffnungsperspektiven, Warnungen vor voreiligen Lockerungen: Rund eine Woche vor dem nächsten Bund-Länder-Gipfel gewinnt die Debatte um die Corona-Restriktionen in Deutschland weiter an Fahrt. Zu den warnenden Stimmen vor einer weiteren Abschwächung der Auflagen gehörten am Dienstag die Intensivmediziner. Das Gastgewerbe forderte hingegen, Bund und Länder müssten ein "realistisches" Szenario für die Wiederöffnung dieser Branche entwickeln.

Die nächste Konferenz von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Regierungschefs der Bundesländer steht am Mittwoch kommender Woche an. Der seit Mitte Dezember geltende Lockdown ist derzeit bis übernächsten Sonntag befristet. Die Bundesregierung sieht angesichts zuletzt wieder gestiegener Infektionszahlen mögliche weitere Lockerungen derzeit aber skeptisch, wie ihr Sprecher Steffen Seibert deutlich machte.

Eine eindringliche Warnung vor starken Lockerungen bereits im März kam von der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensiv- und Notfallmedizin. Deren Vorsitzender Christian Karagiannidis sagte der "Rheinischen Post", laut Berechnungen verliefen die Impfungen noch nicht schnell genug, um eine dritte Corona-Welle zu verhindern, sollte es vor April eine Rückkehr zu einem nur leichten Lockdown wie im November geben. Bund und Länder müssten aufpassen, "das Spiel in der Verlängerung nicht zu verlieren". 

Nach Einschätzung des SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach ist die dritte Ausbreitungswelle des Coronavirus sogar bereits unaufhaltsam im Gange. "Wir sind noch nicht mitten in der dritten Infektionswelle, aber diese hat angefangen und lässt sich auch nicht mehr aufhalten", sagte der Virologe der "Passauer Neuen Presse". 

Lauterbach geht deshalb davon aus, dass Öffnungsschritte verschoben werden müssen. Die von Bund und Ländern angestrebte Sieben-Tage-Inzidenz von 35 lasse sich an vielen Orten nicht mehr erreichen. Bei der Sieben-Tage-Inzidenz handelt es sich um die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern innerhalb dieses Zeitraums. Der Wert war über Wochen hinweg gesunken, zuletzt aber wieder etwas gestiegen. Am Montag lag er bei 61,0.

Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) forderte gleichwohl von Bund und Ländern die rasche Entwicklung von Öffnungsszenarien. Das Gastgewerbe habe jetzt "einen Anspruch auf eine realistische Öffnungsperspektive in den kommenden Wochen", sagte Dehoga-Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges der "Rheinischen Post". 

Merkel fasst einen Stufenplan für den allmählichen Ausstieg aus dem Corona-Lockdown ins Auge. Nach Angaben von Teilnehmern einer CDU-Präsidiumssitzung am Montag schlug die Kanzlerin Paketlösungen für drei gesellschaftliche Bereiche in Kombination mit vermehrten Corona-Tests vor. Merkel nannte demnach die persönlichen Kontakte, Schulen sowie Sport, Restaurants und Kultur. Die Kanzlerin mahnte allerdings auch zu großer Vorsicht bei Öffnungsschritten. 

Regierungssprecher Seibert sagte, es gebe bereits erhebliche Öffnungsschritte bei Kitas und Schulen. Zudem sei die Zeit sinkender Infektionszahlen offensichtlich "im Moment vorbei". Auch lägen die Anteile der gefährlicheren Varianten des Coronavirus inzwischen bei 20 bis 25 Prozent - und "wir müssen davon ausgehen, dass das weiter zunimmt".

Die Gesundheitsminister von Bund und Ländern einigten sich am Montag darauf, dass die Lehrkräfte an Grund- und Förderschulen sowie die Kita-Beschäftigten schneller geimpft werden sollen als bislang geplant. Sie sollen in der Impfverordnung von der Prioritätsgruppe drei in die Gruppe zwei hochgestuft werden, wie der Konferenzvorsitzende Klaus Holetschek (CSU) mitteilte.

Der Deutsche Lehrverband und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) begrüßten diese Entscheidung. GEW-Chefin Marlis Tepe forderte zugleich im Redaktionsnetzwerk Deutschland, da die meisten Schulen und Kitas bereits seit Montag dieser Woche wieder geöffnet sind, müsse die Geschwindigkeit der Impfkampagne "deutlich erhöht" werden. 

dja


© Agence France-Presse