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Wer was auf sich hält, der fällt – auf

Wir alle tragen sie auf unserer Haut. Seitdem der Mensch vom Baum auf die Füße fiel, begann er damit, seine Scham zu bedecken und mit praktischen Accessoirs den Leib gegen Witterungen und Unannehmlichkeiten zu schützen. Mode.

Noch vor gar nicht allzu langer Zeit begegneten mir Frauen über 50 mit Kittelschürze und alle Männer über 25 im dunklen Anzug. Eine Zeit, in der Lagerfelds most hated zur Stilikone geriet: der Trainingsanzug. In der Bronx, in Harlem und anderen amerikanischen Urban Squares trugen jugendliche Rapper, Sprayer und Beatboxer die Not zur Show. Wer in war hatte drei deutsche weiße streifen an Bein und Arm.


Ein Sakrileg für alle, die ihr Gehalt in C&A Anzüge investierten und so gerne Bärchenkrawatte gegen Modeschmuckkette in Form eines Goldimitates tauschen würden. Aber Mode war schon früher eine Insignie des Egos. Du bist was Du trägst, hieß es, heißt es und wird es bestimmt noch lange heißen, auch wenn die Uniform eine nie geahnte Renaissance  erfährt, aber eben eine modische, denn selbst Kittel im Aldi oder EDEKA dürfen nicht mehr nur praktisch sein. Sie gehören zur Brand ID, heißt: die Marke repräsentiert sich in der individuellen Gestaltung der Arbeitsmontur, vom Blaumann bis zum Manager.


Die meisten fügen sich der Doktrin und in der Tat gibt es gute Gründe für Schuluniform und ähnliches, schließlich beugt es der Diskriminierung im Mikrokosmos vor. Aber dann? Ab in den Hoodie und die H&M Hose, dessen Schnitte keinem wirklich passen und dessen Muster nur bei Dunkelheit gefallen.


Bemerkenswert ist, by the way, dass auch beim Kochen, es nicht Damen sind, die  als erstes mit derlei Themen in Verbindung gebracht werden, sondern Männer, wobei ich nicht sagen möchte, dass dieses Klischeedenken klug oder gar richtig ist.


Aber Fakt ist, die besten Köche sind Männer, zumindest relativ zur Gesamtheit aller kochenden Menschen. Und wie die Kochlöffel im fünf Sterne Restaurant, werden die Stecknadeln in den Ateliers meist von Männern gesetzt. Lagerfeld, Gautier, McQueen beispielsweise und auch bei den Schuhen sind Männer führend: Christian Louboutin und Manolo Blahnik seien hier nur repräsentativ erwähnt.


Natürlich gibt es auch Vivienne Westwood, Donna Karan, Jette Joob, Linda McCartney und viele viele andere Frauen die umwerfende Mode kreieren. Beeindruckende Frauen und starke Mode sind kein Widerspruch, aber leider eher selten(er). Der Mercedes oder Porsche unter den Modelabeln ist für die meisten ein Mann, auch wenn einige echte Zumutungen sind, rein geschmacklich, menschlich kann ich mich dazu nicht einmal subjektiv äußern.


Ob das daran liegt, dass Männer Mode nur sehen aber nicht tragen müssen, könnte ein Grund sein, wobei das Klischee des schwulen Modezars dieses Argument zumindest einschränkt. Interessant bleibt, dass nur die wenigsten Männer ernsthaft modisch in Erscheinung treten. Ein schicker Anzug unterscheidet sich durch die Jahrzehnte oder Modeepochen in der Anzahl der Knopfreihen oder in der  Farbe von Fliege und Krawatte, aber High-Heels, Buffalos, Schlaghose, Rüschenhemd oder ausladende Mäntel sind meist nur um sinnliche Taillen aber selten um muskulöse Schultern herum anzufinden.


Und deshalb wurde Lagerfeld mit seinem exaltierten Stil zur Ikone, obwohl er nie seine eigenen Klamotten trug.

 

Entscheidend für den Trend des modernen Mannes, der zwar meist bewundert aber nur selten kopiert wurde, war David Beckham.  Sein metrosexueller Auftritt, der von Neymar, Christiano Ronaldo und anderen adaptiert wurde, avancierte zum Statussymbol des erfolgreichen Superstars. Wer was auf sich hält, der fällt – auf.

 

Selbst ich trage pinken Schal zum schwarzen Rolli und einen blau karierten zum passenden Hemd, obwohl ich alles andere als reich bin. Warum? Weil das Recht, gut angezogen zu sein, kein weibliches ist und weil Farben keine weibliche Exklusivität genießen (dürfen). Und außerdem will ich nicht einer von denen sein, die schon  mit ihrer Garderobe zeigen, dass sie von meinem Leben keine Ahnung haben.

 

Mode ist Ausdruck von Selbstbewusstsein. Wer sich modisch und manchmal auch auffällig kleidet, hat keine Angst, zu sich zu stehen. Wer Farbe trägt, will nicht einer von allen sein sondern primus inter pares.

 

Das ist gewiss nicht die beste und schon gar nicht die einzige Waffe gegen die, aber wer will schon billig, wenn besonders nicht nur schöner, sondern auch viel angenehmer und begehrenswerter ist.

 

Übrigens erkennt man gute Mode nicht an der Größe des Logos, sondern an den Stoffen, am Schnitt und als erstes am Kaffee den man angeboten bekommt, wenn man sich neu einkleidet. Und eines können sie mir glauben, den ersten Moment im edlen Zwirn vergisst man(n) nie.

 

Und noch schöner, als sich anzukleiden ist doch immer noch das ausziehen, was nicht nur lieber sondern auch häufiger geschieht, wenn man gut gekleidet ist.

 

Alles was man dafür braucht, ist Phantasie, Mut und manchmal eine Nähmaschine. Und für alle, die sagen, das kann ich mir nicht leisten, denen sei gesagt, ein Paar Schuhe für 200 Euro hält locker drei, vier Jahre, rechnen sie mal nach, wie oft man dafür zu Deichmann rennen muss.

 

Bis morgen,

 

Bild: Pixabay

 

Text: adolf.muenstermann@gmail.com