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Kritik am neuen Bundesjagdgesetz

Künftig sollen Waldbesitzer und Jäger freie Hand hinsichtlich der Zahl der zu tötenden Hirsche und Rehe haben. Wildtierschutz Deutschland e.V. kritisiert das neue Bundesjagdgesetz.

Reh und Hirsch schalten in den Wintermonaten in den Energie-Sparmodus – eine Strategie für die Zeit des Jahres, in der es für Grasfresser kaum Nahrung gibt. Jede Flucht, jeder Stress macht sie hungrig. Dennoch gibt es etliche staatliche Forstbetriebe, die noch bis weit in den Januar Gesellschaftsjagden auf die wiederkäuenden Paarhufer anbieten.

Auch in diesem Pandemie-Winter reisen dazu jeweils an die hundert Jäger aus der ganzen Republik zu den Drückjagden an. So zum Beispiel in die Reviere des Sachsenforsts im Erzgebirge oder mit dem Minister aus Baden-Württemberg in den Schwarzwald. Dass es bei diesen Kill-for-Cash-Events nicht immer tierschutzgerecht zugeht, ist allseits bekannt.

Damit bei derartigen Veranstaltungen, die vor allen Dingen unerfahrenen Jägern ohne eigenes Revier Jagdgelegenheiten gegen Gebühr eröffnen, demnächst noch mehr Tiere erlegt werden, lässt Bundesministerin Klöckner die Hürden des Tierschutzes weiter schleifen. Der durch trockene Sommer, heftige Stürme und Borkenkäfer malträtierte Wirtschaftswald soll sich zum klimaresilienten Mischwald entwickeln – und zwar ohne Schutzmaßnahmen. Rehe und Hirsche, die aufgrund des enormen Jagddrucks Bäume anknabbern, stören da: Wohl weniger die Naturverjüngung als vielmehr die Rendite der Forstbetriebe.

Schon heute hat das sogenannte Schalenwild in Deutschland die längsten Jagdzeiten Europas. Es gibt keinen Monat, in dem diesen Tieren nicht nachgestellt wird. Damit künftig dabei noch mehr Tiere getötet werden, will Klöckner die behördliche Abschussplanung abschaffen und es Waldbesitzern und Jägern überlassen, um wie viele Tiere der Bestand zu reduzieren ist.

Dabei ist der Bestand von Rehen oder Hirschen gar nicht maßgeblich für deren Einfluss auf die Verjüngung des Waldes. Kleinste Rehbestände können für erheblichen Verbiss sorgen, während große Wildtierbestände sehr wenig Verbiss verursachen können. Das ist viel mehr eine Frage der Lebensraumgestaltung, der Störungen, die von der Jagd, der Forstwirtschaft und dem Tourismus ausgehen und der Lenkung der Tiere zum Beispiel durch winterliche Fütterungen oder störungsfreie Ruhezonen.

Es gibt also Möglichkeiten, mildere Maßnahmen als die von der Klöckner-Administration vorgesehene letale Lösung, die auch nach Meinung von Juristen die tierschutzrechtliche Situation gegenüber der aktuellen Situation damit sogar verschlechtern wird. Eine Stellungnahme der Deutschen Juristischen Gesellschaft für Tierschutzrecht (DJGT) sieht darin einen Verstoß gegen Artikel 20a GG, da das Staatsziel Tierschutz u.a. auch wie ein grundsätzliches Verschlechterungsverbot wirkt.

Kritisch zu sehen ist nicht zuletzt die vorgesehene massive technische Aufrüstung der Jäger zur Tötung von Wildtieren durch die Möglichkeit der Verwendung künstlicher Lichtquellen, Vorrichtungen zum Anstrahlen oder Beleuchten des Zieles, einschließlich Infrarotaufhellern und Nachtzielgeräten. Die schon heute stattfindende ganzjährige Jagd nimmt den Tieren – auch denen, die nicht bejagt werden – mit diesen Möglichkeiten den bislang letzten Rückzugsort, nämlich die Nacht.

In einer aktuellen Stellungnahme lehnen 28 Tier- und Naturschutzorganisationen Entwurf zur Novellierung des Bundesjagdgesetzes ab. Sie sehen in der Entwicklung der Jagdgesetzgebung in Deutschland einen schleichenden Verlust der Weidgerechtigkeit und damit des Tierschutzes.

Quelle: Wildtierschutz Deutschland e.V./ Lovis Kauertz