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Die Sieben-Tage-Regel

Eine Broschüre der WWU und der FH Münster gibt Tipps für den Umgang mit FFP2-Masken für den Privatgebrauch.

Münster/Steinfurt - Immer mehr Menschen tragen auch im privaten Umfeld FFP2-Masken, um sich und andere vor dem SARS-CoV-2-Erreger zu schützen. Worauf Anwender achten sollten, was genau sich hinter der Sieben-Tage-Regel verbirgt und warum der Backofen unter bestimmten Voraussetzungen eine Option zur Aufbereitung der Masken für den Privatgebrauch ist, erläutert eine Broschüre, die jetzt erschienen ist.

Herausgegeben haben sie Forscher der FH Münster aus den Bereichen Chemie, Physik und Toxikologie sowie Virologen und Mikrobiologen der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU) im Rahmen eines vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) geförderten Forschungsprojektes. Die Datei ist ab sofort unter fh-muenster.de/ffp2 abrufbar.

„Vor dem Hintergrund der aktuellen Pandemie-Situation sind die im Vergleich zu einfachen Mund-Nase-Bedeckungen deutlich wirkungsvolleren FFP2-Masken zu einer begehrten Ware geworden. Hier wollen wir unterstützen. Unser Ansatz besteht darin, eine Methode zu entwickeln, die es erlaubt, die als Einwegprodukte konstruierten FFP2-Masken für den Privatgebrauch so aufzubereiten, dass eine wiederholte Nutzung möglich wird“, erläutert Krankenhausexperte Prof. Dr. Christopher Niehues von der FH Münster.

Mit dieser Aufgabe standen die Wissenschaftler vor einer doppelten Herausforderung: Wie können mögliche SARS-CoV-2-Erreger auf und in Masken mit einfachen Methoden, die von Nutzer*innen im privaten Haushalt umgesetzt werden können, effektiv eliminiert werden, ohne dass das empfindliche Maskenmaterial Schaden nimmt und die Wirksamkeit der Maske eingeschränkt wird?

Dazu hat das Team unterschiedliche im Haushalt durchführbare Herangehensweisen im Labor wissenschaftlich auf ihre Wirksamkeit hin untersucht. Diese reichten vom einfachen Trocknen über das Waschen der Masken bis hin zur thermischen Behandlung durch moderates Erhitzen. Dabei konnten die Wissenschaftler zeigen, dass insbesondere die Temperatur ein entscheidender Faktor ist, um eine einfache und effiziente Wiederaufbereitung der FFP2-Masken zu erzielen.

„Wir haben im Hochsicherheitslabor umfangreiche Untersuchungen durchgeführt, um herauszufinden, wie lange SARS-CoV-2 auf FFP2-Masken bei unterschiedlichen Temperaturen infektiös bleibt. Dabei konnten wir zeigen, dass SARS-CoV-2 nicht nur bei Raumtemperatur über einen relativ langen Zeitraum eine infektiöse Wirkung behält, sondern auch bei 70 Grad Celsius nach einer Stunde noch infektiös bleibt“, so Prof. Dr. Stephan Ludwig von der WWU Münster, Direktor des Instituts für Molekulare Virologie.

Die Frage ist nur: Wie viele Tage braucht es, bis die Viruslast soweit gesunken ist, dass ein erneutes Tragen sinnvoll möglich ist? „Hier gilt die Sieben-Tage-Regel“, sagt Prof. Ludwig. Idealerweise sollten Privatpersonen eine FFP2-Maske jeweils nur einen Tag lang nutzen. Anschließend sollte die Maske eine Woche lang ruhen. In dieser Zeit verlieren potenziell auf den Masken befindliche Viren weitestgehend ihre Infektiosität, sodass anschließend eine Wiederverwendung möglich ist.

„Man benötigt also insgesamt sieben FFP2-Masken, um einen täglichen Maskenwechsel vornehmen zu können und einen geschlossenen Maskenkreislauf möglich zu machen. Diese Methode lässt sich sehr einfach für den Privatgebrauch umsetzen“, erklärt Niehues. „Nach einer Woche sind nur noch Erreger der eigenen Nasen-, Rachen- und Hautflora auf der Maske nachweisbar“, so Prof. Dr. Alexander Mellmann, Direktor des Instituts für Hygiene am Universitätsklinikum Münster.

Wer die Regenerationszeit von einer Woche deutlich verkürzen und trotzdem eine vollständige Inaktivierung von SARS-CoV-2 erreichen möchte, für den ist im Privatbereich die Backofen-Methode bei 80 Grad Celsius eine echte Alternative. „SARS-CoV-2 zählt zu den behüllten Viren, und diese reagieren empfindlich auf hohe Temperaturen“, sagt Prof. Dr. Martin Kreyenschmidt, Leiter des Instituts für Konstruktions- und Funktionsmaterialien (IKFM) der FH Münster. Gemeinsam mit seinem Team – Doktorandin Saskia Kerkeling und Doktorand Christian Sandten – hat er untersucht, wie hoch die Temperatur maximal sein darf, um die Viren, nicht aber die FFP2-Maske zu zerstören. „Von diesem Ansatz grundsätzlich ausgenommen sind allerdings vorgeformte Masken sowie Masken mit Atemventil“, so der Wissenschaftler weiter.

Das optimale Ergebnis wird erzielt, wenn die FFP2-Maske für eine Stunde bei 80 Grad Celsius thermisch behandelt wird. Diese Methode ist einfach und effektiv und kann unter Nutzung des heimischen Backofens im Modus Ober-Unterhitze umgesetzt werden. Dabei sei es sehr wichtig, die Temperatur von 80 Grad Celsius einzuhalten, betont Prof. Dr. Hans-Christoph Mertins, FH Münster. „Viele Backöfen haben leider das Problem, dass die Bandbreite der Temperatur mitunter groß ist. So kann die tatsächliche Temperatur nach oben oder unten von den eingestellten 80 Grad Celsius abweichen.“ Wer also die Backofen-Methode nutzen wolle, müsse die Temperatur genau im Blick haben – das ist mit einem handelsüblichen Backofenthermometer zuverlässig machbar. Noch im Januar wolle das Team aber eine Alternative untersuchen, die ohne Temperaturkontrolle auskommt.

Wie sich das Maskenmaterial angesichts der thermischen Behandlung verhält, haben Kerkeling und Sandten genauestens analysiert. „Wir haben die Aufbereitung von FFP2-Masken aus unterschiedlichen Materialien mithilfe der Backofen-Methode im Labor analysiert und dabei insbesondere untersucht, ob es zu einer Beeinträchtigung des Maskenmaterials und damit der Schutzwirkung kommt“, so Sandten.

Kreyenschmidt gibt Entwarnung: „Die Viruslast auf den Masken wird durch die Behandlung im Backofen vollständig eliminiert, wobei die Schutzwirkung unangetastet bleibt.“ Bei ihren Untersuchungen wurde das Team von zwei Münsteraner Unternehmen mit Expertise und Messtechnik unterstützt. Die Hengst SE als Filterspezialist und die HYBETA GmbH als Experte für technische Hygiene haben die Filterleistung der Masken nach diversen Aufbereitungsmethoden getestet.

Das Forschungsprojekt zur Aufbereitung von FFP2-Masken im Privatgebrauch hat das interdisziplinäre Team im November letzten Jahres dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) vorgeschlagen – direkt nachdem Bund und Länder die Abgabe von FFP2-Masken an Risikogruppen beschlossen hatten. Dann ging es schnell: Die Forscher stellten einen formellen Projektantrag, und innerhalb weniger Tage sprach das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eine Fördermittelzusage aus.

Quelle: FH Münster

Foto: FH Münster/K. Kipp. Doktorandin Saskia Kerkeling zeigt einige der Masken, die sie gemeinsam mit Christian Sandten untersucht hat.