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stadt40 im Interview mit Heidi Seemann

Skulpturen aus Holz und Stein säumen den Hausflur zu ihrem Atelier wie die Bäume eine Allee. Die Wände sind mit großen Gemälden geschmückt. Es scheint, als befinde man sich in einem Ausstellungsraum eines Kunstmuseums.

Foto: Jks

Das ist das Zuhause der Künstlerin Heidi Seemann und die Skulpturen und Bilder sind ihre Werke. Ausdrucksstarke Portraits von Menschen und Tieren, die durch ihre Mimik ganze Geschichten zu erzählen scheinen. Es sind vor allem Augen, die im Mittelpunkt ihrer Werke stehen, denn lange dachte Heidi Seemann, die Augen seien das Wichtigste. Augen seien es, die das Innere, die Gefühlswelten eines Lebewesens nach außen tragen. Die Augen sind das Tor zur Seele - der Spruch ist bekannt. 

Doch mit dieser Einschätzung habe sie falsch gelegen, „es ist der Mund“, sagt sie. Das sei ihr angesichts der Corona-Pandemie klargeworden. 

Jetzt, wo die Münder stets hinter Masken versteckt sind. 

Foto: Jks

Heidi Seemann schaut auf eine lange Laufbahn als Künstlerin zurück, doch mit dem Malen fing sie erst an, als sie vor etwa elf Jahren nach Münster zog. Davor bestand ihr künstlerisches Tun aus der Bildhauerei, der Scherenschnittkunst und dem Anfertigen der „Darsteller“ des Puppenspiels, das sie selbst lange Zeit betrieben hat. 

Dieser Werdegang ist eher ungewöhnlich, wie sie selbst sagt, denn meist läuft es umgekehrt. „Die Kunst entwickelt sich eben immer weiter“, erzählt die Münchenerin. Das trifft auf sie ganz besonders zu. 

Nicht minder ausdrucksstark und emotionsgeladen, aber dennoch ganz anders, sind Heidi Seemanns neueste Bilder.  

Die Bilder sind teilweise sehr dunkel, wirken weniger fröhlich und verspielt, als ihre vielen teils farbenfrohen Porträts. Auf den ersten Blick, ist auf ihnen kaum etwas zu erkennen. Doch bei genauem Hinsehen, zeigen sich auf dem fast schwarzen Untergrund die rötlichen Umrisse nackter Körper. Einige Bilder sind sogar so dunkel, dass erst die richtige Beleuchtung die dargestellten Szenen sichtbar macht. 

Die Bilder zeigen Frauen und Männer in erotischer Pose. 

Foto: Heidi Seemann

Im Mittelpunkt dieser Bilder steht jedoch die Frau, denn hinter ihnen steckt Heidi Seemanns aktuelle Auseinandersetzung mit der weiblichen Sexualität. 

Auf den ein oder anderen Betrachter mögen die Bilder, aufgrund der Farbwahl und der Szenen, zunächst düster oder bedrohlich wirken. So zeigt zum Beispiel eines der Bilder einen Mann, der einer Frau von hinten um den Hals greift. „Das ist eine Sache der Interpretation“, erklärt Heidi Seemann, „Jeder Mensch nimmt Kunst anders wahr, abhängig von seiner persönlichen Geschichte“. 

Für sie sind die Bilder weder bedrohlich noch düster. 

„Vielen Frauen gefällt eben eine gewisse Dominanz des Mannes“, fügt sie hinzu. Und tatsächlich, schaut man genauer hin, lässt sich aus der Mimik der Personen ein hohes Maß an Leidenschaft ablesen. Doch viele Frauen seien leider sehr verhalten im Umgang mit ihrer Sexualität, es falle ihnen schwer, ihre Bedürfnisse zu kommunizieren. Gerade das sei doch in einer Partnerschaft wichtig. 

Foto: Jks

Foto: Jks

Den Grund dafür sieht Heidi Seemann vor allem in der Unzufriedenheit vieler Frauen mit ihrem Körper. Natürlich könne man sich nicht wirklich fallen lassen, wenn man ein problematisches Verhältnis zu seinem Körper hat. 

Aber mit seinem Körper zufrieden zu sein, werde einem heutzutage sehr schwer gemacht. Generell werde die weibliche Sexualität nicht offen genug thematisiert. Einige ihrer Bilder zeigen daher auch Frauen bei der Selbstbefriedigung. Denn um die eigenen Bedürfnisse zu kommunizieren, muss man diese erst einmal selbst entdecken

Titelbild: Heidi Seemann