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Neue Erkenntnisse zur Zellmigration

Ein Team der WWU hat eine neue Funktion eines bekannten Proteins entdeckt: E-Cadherin bringt die Zellen auf den richtigen Migrationspfad.

Münster (mfm/sw) – Die Temperaturen sinken, die nächste Erkältungswelle rollt heran – und damit kommen auch die Immunzellen vermehrt in Schwung. Im Herbst und Winter laufen die stets aktiven Zellen zur Höchstform auf, denn ist der Körper durch eine nahende Infektion geschwächt, bewegen sie sich Richtung Infektionsherd.

Welche Mechanismen dahinterstecken und was die Zellen dazu bringt, sich effizient und zielgerichtet zu einer bestimmten Region des Körpers zu bewegen, ist allerdings nahezu ungeklärt. Dieser Frage ist eine deutsch-französische Forschungsgruppe der Universität Münster (WWU) und des Instituts Pasteur in Paris nachgegangen und entdeckte dabei eine neue Funktion eines altbekannten Proteins – und damit einen wichtigen Mitspieler für die Bewegung und Steuerung der Zellen: das sogenannte Zell-Zell-Adhäsions Protein E-cadherin. Welche Rolle es für die Zellen spielt, veröffentlichte das Team jetzt in der Fachzeitschrift Nature Communications.

Vom Zeitpunkt der Entstehung eines Organismus‘ bis zu seinem Tod bewegen sich Zellen durch den Körper. Dieser bemerkenswerte Vorgang, in der Fachwelt Zellmigration genannt, spielt eine entscheidende Rolle in vielerlei Prozessen des Lebens, von der embryonalen Entwicklung bis hin zur Fortpflanzung und Immunabwehr.

Eine fehlgesteuerte Zellmigration hat Konsequenzen: So kann sie zu pathologischen Zuständen führen wie angeborenen Fehlbildungen, Entzündungen und der Metastasierung von Krebszellen. Zellen bewegen sich auf eine genau bestimmte Region des Körpers zu, um dort ihre Funktion zu erfüllen, so Immun-, Nerven- oder auch Keimzellen. Ohne diese Fähigkeit der verschiedenen Zelltypen wäre der Körper nicht funktionsfähig.

Um den Mechanismen rund um die Zellmigration näher auf den Grund zu gehen, haben sich WWU-Wissenschaftler der Arbeitsgruppen um Prof. Erez Raz und Prof. Timo Betz aus dem Institut für Zellbiologie mit Wissenschaftlern des Teams von Jean-Christophe Olivo-Marin aus Paris zusammengeschlossen. Federführend dabei war die Erstautorin der Studie, Dr. Cecilia Grimaldi, die gemeinsam mit Zweitautorin Dr. Isabel Schumacher die Migration von primordialen Keimzellen (PGC), einem speziellen Zelltyp in *ebrafischembryos, untersucht hat.

Bei den PGC handelt es sich um Vorläufer der Eizelle beziehungsweise Samenzelle des erwachsenen Organismus, welche eine wichtige Rolle für die Fortpflanzung spielen: Die Fähigkeit dieser Zellen, während der embryonalen Entwicklung den Ort des sich entwickelnden Eierstocks oder Hodens zu erreichen, ist für die Fruchtbarkeit unabdingbar.

Der grenzüberschreitende Verbund ist dem Verständnis der Prozesse der Zellmigration ein gutes Stück nähergekommen: So konnte das Team herausfinden, dass die PGC sich zwar einzeln durch den Organismus bewegen, aber dennoch auf die Hilfe der sie umgebenden Zellen angewiesen sind, um sich zielgerichtet fortzubewegen.

Das Protein, das diese Interaktion zwischen den Zellen vermittelt, ist das Zell-Zell-Adhäsions Protein E-cadherin: Es unterstützt die Lokalisation bestimmter Proteine in einer spezifischen Region der Zelle, indem es diese Proteine indirekt an die umgebenden Zellen koppelt. Die so beeinflußten Proteine spielen eine wichtige Rolle dabei, dass die Zelle die Richtung ihrer Fortbewegung beibehält.

Entfernt man E-cadherin, kommen die Zellen buchstäblich vom richtigen Weg ab – sie verlassen ihren korrekten Migrationspfad und kommen nicht am Bestimmungsort an. Doch nicht nur die Eliminierung des Proteins, auch die Veränderung der E-cadherin-Level ausschließlich in der Umgebung macht sich in der Zellmigration bemerkbar – so beeinflusste die Levelveränderung in den umgebenden Zellen den Weg der PGC.

Die Erkenntnisse von Dr. Grimaldi und ihren Kollegen sind ein wichtiger Baustein, um humanmedizinisch relevante Vorgänge zu verstehen. Die Zusammenarbeit mit Münster lag für die Wissenschaftlerin nahe: Als Absolventin des gemeinsamen Graduiertenprogramms des Max-Planck-Institutes Münster und der WWU Münster, aus dem die Arbeit hervorging, verfügt sie über beste Kontakte zu dem Forschungsstandort.

Quelle: WWU Münster

Foto: WWU/ AG Raz. PGC (in dunkelblau) in ihrer korrekten Position am Bestimmungsort im *ebrafisch Embryo (l.) und ein Beispiel für einen Fall, in dem PGC irregeleitet sind und ihren Bestimmungsort nicht erreichen können.