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Spahns Gesetz gegen Konversionstherapie sieht Freiheitsstrafe von einem Jahr vor

"Homosexualität ist keine Krankheit", erklärte Spahn. "Wir wollen so genannte Konversionstherapien so weit wie möglich verbieten."

Wer Schwule und Lesben mit einer "Konversionstherapie" umzupolen versucht, muss künftig mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr rechnen. Dies sieht ein Gesetzentwurf von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vor, der AFP am Montag vorlag. Das Bewerben, das Anbieten und die Vermittlung entsprechender Therapien soll demnach als Ordnungswidrigkeit geahndet werden. "Homosexualität ist keine Krankheit", erklärte Spahn. "Wir wollen so genannte Konversionstherapien so weit wie möglich verbieten."

Wo diese Therapien angewandt würden, entstehe "oft schweres körperliches und seelisches Leid", sagte der Gesundheitsminister. "Diese angebliche Therapie macht krank und nicht gesund." Ein Verbot sei "auch ein wichtiges gesellschaftliches Zeichen an alle, die mit ihrer Homosexualität hadern". Die Botschaft laute: "Es ist okay, so wie du bist."

In Spahns Entwurf heißt es: "Dieses Gesetz gilt für Behandlungen, die auf Veränderung oder Unterdrückung der sexuellen Orientierung oder der selbstempfundenen geschlechtlichen Identität gerichtet sind." Über die Vorlage hatte zunächst das "Redaktionsnetzwerkes Deutschland" berichtet.  

Das von Spahn geplante Verbot soll bei Menschen unter 18 Jahren generell gelten. Unabhängig vom Alter soll die Therapie bei all jenen untersagt werden, die bei ihrer Entscheidung über eine Behandlung einem "Willensmangel" unterliegen - also durch Täuschung, Irrtum, Zwang oder Drohung beeinflusst sind. 

Die Neuregelung soll auch bei seelsorgerischen und psychotherapeutische Gespräche angewandt werden können: "Das Verbot gilt immer dann, wenn der Gesprächspartner unzulässig Einfluss zu nehmen versucht auf die sexuelle Orientierung oder die selbst empfundene geschlechtliche Identität", hieß es im Gesundheitsministerium.

Bei Jugendlichen zwischen 16 und 18 Jahren soll das Verbot nicht gelten, wenn der Behandler nachweist, dass der Behandelte über die notwendige Einsichtsfähigkeit in Bedeutung und Tragweite der Behandlung verfügt. Ausgenommen vom Verbot sollen auch Behandlungen bei Störungen der Sexualpräferenz wie Exhibitionismus oder Pädophilie sein. Dasselbe gilt für Therapien bei Störungen der Geschlechtsidentität.

Spahns Ministerium leitete am Montag das Anhörungsverfahren mit Ländern und Verbänden ein. Der Gesetzentwurf soll nach Angaben eines Sprechers bis Ende des Jahres ins Kabinett. 

Die FDP rief Spahn zu einem schnelleren Tempo beim Gesetzgebungsverfahren auf: Der Minister müsse den Referentenentwurf jetzt endlich vorlegen und die parlamentarischen Beratungen schnellstmöglich anstoßen, erklärte der Abgeordnete Jens Brandenburg. "Die menschenverachtenden Konversionstherapien müssen noch Anfang 2020 verboten werden."

Die Grünen-Abgeordnete Ulle Schauws begrüßte Spahns Vorlage, kritisierte aber die mögliche Ausnahmeregelung bei 16- bis 18-Jährigen. Da in der Praxis Jugendliche auch von ihren Eltern unter enormen Druck gesetzt werden könnten, würde eine solche Regelung an der Realität vorbei gehen. Daher müsse diese Ausnahme gestrichen werden.

Die vor allem in den USA, aber auch in Deutschland verbreiteten Konversionstherapien zielen darauf ab, die homosexuelle Orientierung eines Menschen zu ändern und in heterosexuelles beziehungsweise asexuelles Verhalten umzuwandeln. Es gibt aber keine wissenschaftlichen Belege für die Wirksamkeit der Therapien, im Gegenteil können sie nach Expertenmeinung schwerwiegende psychische Belastungen nach sich ziehen. 

jp/pw

Foto: dpa/picture-alliance

© Agence France-Presse