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Was, wenn Ungarn "nein" sagt?

Die EU fürchtet schwerwiegende Konsequenzen, wenn Ungarn wie angekündigt den europäischen Haushalt und den Corona-Hilfsfonds blockiert.

Wegen des Streits um die Rechtsstaatlichkeit habe Ungarn erklärt, bei einer Sitzung der EU-Botschafter am Montagnachmittag sein Veto gegen das Finanzpaket einzulegen, sagte ein hochrangiger EU-Diplomat in Brüssel. Wenn dies passiere, sei die EU "zurück in der Krise".

In diesem Fall müssten sich voraussichtlich die EU-Staats- und Regierungschefs mit der Frage bei ihrem Video-Gipfel am Donnerstag befassen, sagte der Diplomat. Es sei aber sicher, dass es "Verzögerungen" bei der geplanten Bereitstellung der Gelder geben werde, die eigentlich Anfang des Jahres erfolgen sollte. "Daran gibt es keinen Zweifel." 

Offen war den Angaben zufolge noch, ob auch Polen sein Veto einlegen wird. Ungarn und Polen stehen seit Jahren wegen der Einschränkung demokratischer Grundrechte und der Rechtsstaatlichkeit in der EU am Pranger. Sie wehren sich gegen die Möglichkeit, dass EU-Gelder bei Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit künftig gekürzt werden könnten. 

Die EU-Botschafter befinden am Nachmittag in Brüssel in mehreren Entscheidungen über die wesentlichen Teile des 1,8 Billion Euro schweren Finanzpakets, zu dem auch der Hilfsfonds gegen die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise gehört. Bei einigen der Entscheidungen ist ein einstimmiger Beschluss nötig, womit Budapest und Warschau den weiteren Zustimmungsprozess blockieren könnten. 

"Wir haben unsere Position nicht geändert", sagte ein ungarischer Regierungssprecher am Montag. Ministerpräsident Viktor Orban habe ein klares Mandat durch das ungarische Parlament bekommen. Dieses werde Ungarn auch bei der Botschaftersitzung vertreten.

"Es ist nicht Ungarn, das hier Erpressung betreibt", schrieb Justizministerin Judit Varga auf ihrer Facebook-Seite. Vielmehr sei es andersherum. Jeder der Ungarns Geschichte kenne, wisse, "dass Ungarn keine Kompromisse macht". Dies gelte auch für das Veto.

Die Einigung auf den Rechtsstaatsmechanismus mit dem Europaparlament steht am Montagnachmittag (ab 14.30 Uhr) auch zur Abstimmung. Für diese ist aber nur ein Mehrheitsbeschluss der 27 Mitgliedstaaten nötig, womit sie Warschau und Budapest alleine nicht verhindern können. 

Ihr Veto könnten beide Länder aber bei anderen Teilen des Finanzpakets einlegen, für deren Annahme Einstimmigkeit erforderlich ist. Dies gilt für den Kompromiss mit dem Europaparlament zum EU-Finanzrahmen für die kommenden sieben Jahre sowie für den Beschluss zur Vergrößerung des Haushaltsrahmen für den 750 Milliarden Euro schweren Hilfsfonds gegen die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise.

"Wenn wir eine Krise haben, werden wir weitere Schritte prüfen", sagte der EU-Diplomat weiter. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) werde dann als Vertreterin der deutschen EU-Ratspräsidentschaft mit Ratspräsident Charles Michel und Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen über das weitere Vorgehen beraten. Er könne nicht sagen, wie lange es dauern werde, die Haushaltsgespräche wieder "auf die Spur" zu bekommen, sagte der Diplomat.

mt/pe

Agence France Press