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Uni Münster: Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen?

Warum ignoriert die Uni Münster ihre eigenen Beschlüsse?

 

Münster. 41 Minuten und 43 Sekunden. So lange dauerte der Livestream der Erstsemesterbegrüßung des Rektorats, der auf dem YouTube-Kanal der Universität Münster verfügbar ist. Zeit genug für detaillierte Erklärungen des Studiums in Münster und professionelle Infovideos, selbst ein aufgezeichnetes Grußwort des Bürgermeisters aus dem letzten Jahr fand seinen Platz. Was fehlte, war eine kritische Betrachtung oder wenigstens ein Hinweis auf den Namensgeber der Uni, Kaiser Wilhelm II. Und das, obwohl sich der Senat der Universität einstimmig für eine Thematisierung des umstrittenen Namenspatrons ausgesprochen hatte.

Ein großes Maßnahmenpaket zur kritischen Auseinandersetzung mit Wilhelm II., das versprach der Beschluss des akademischen Senats aus dem Mai dieses Jahrs. Zuvor hatte sich eine Arbeitsgruppe mit dem Umgang der Universität mit ihrem Namensgeber beschäftigt und dem Senat einen Abschlussbericht mit konkreten Maßnahmenpaketen vorgelegt. Wörtlich heißt es in dem Bericht der Kommission: „Um eine Sensibilität der Studierenden mit der Historie der Universität zu erreichen, sollte in jeder Erstsemesterbegrüßung vom Rektorat darüber aufgeklärt werden, wer der Namenspatron der Universität ist. Auf diese Weise stellt sich die Universität aktiv ihrer historischen Verantwortung und stößt weiteres Nachdenken an.“ Bei der Erstsemesterbegrüßung fünf Monate später ist davon nichts zu sehen. Die von Pressesprecher Norbert Robers moderierte Veranstaltung kam ohne ein Wort zu Wilhelm II., seiner Rolle im Völkermord an den Herero und Nama oder seinen antisemitischen Überzeugungen aus. Einer Aufforderung des AStA zur Stellungnahme kam die Universität bisher nicht nach.  

„Es wurde eine Chance vertan, sich als moderne und offene Hochschule zu zeigen“, meint Aysegül Paran, Senatorin und AStA-Referentin für Kultur, Diversity, Feminismus und politische Bildung. „Dieser Vorgang schadet nicht nur dem Ansehen des höchsten universitären Gremiums, er zeigt auch, dass offenbar gar kein Interesse an der angekündigten Auseinandersetzung besteht. Einen Zeitplan habe ich bisher auch nicht gesehen.“  

Auch Ronja Vollmari aus dem AStA Vorsitz zeigt sich enttäuscht: „Der Beschluss des Senats wurde von vielen Studierenden, die sich im Kampf gegen Rassismus und Antisemitismus engagieren, als richtungsweisend empfunden. Dass die Universitätsleitung diesen Beschluss nun einfach übergeht, ist ein Affront gegenüber dem hochschulpolitischen Engagement vieler Studierender. Seit Mai war mehr als genug Zeit, um sich ein passendes Konzept für die Erstsemesterbegrüßung zu überlegen. Wir fordern das Rektorat dringend dazu auf, eine entsprechende kritische Einordnung nachzuliefern, beispielsweise per Mail an die Erstsemesterstudierenden.“


AStA