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Biden kämpft um das Weiße Haus

Biden gewinnt Wisconsin; Trump klagt gegen die weitere Stimmauszählung in Michigan; Biden erobert Wisconsin zurück; In Pennsylvania sind laut Gouverneur noch Millionen von Briefwahlstimmen auszuzählen


Beispielloser Kampf um das Weiße Haus: Während US-Präsident Donald Trump sich am Tag nach der Präsidentschaftswahl vorzeitig selbst zum Sieger erklärt und gegen die weitere Stimmenauszählung in einem der Schlüsselstaaten geklagt hat, zeigte sich sein demokratischer Herausforderer Joe Biden am Mittwoch kämpferisch. Er werde bis zur Auszählung der letzten Stimmen um einen Wahlerfolg kämpfen, sagte Biden, der den Schlüsselstaat Wisconsin für die Demokraten zurückeroberte.

"Wir werden nicht ruhen, bis nicht alle Stimmen ausgezählt sind", schrieb der 77-jährige Biden am Mittwochmorgen (Ortszeit) im Onlinedienst Twitter. Zuvor hatte Trump in einem noch nie dagewesenen Schritt angekündigt, die noch laufende Stimmauszählung gerichtlich stoppen lassen zu wollen. 

"Wir haben diese Wahl gewonnen", sagte Trump im Weißen Haus, obwohl der Ausgang der Wahl noch völlig unklar war. Der Amtsinhaber sprach von angeblichem "Betrug an der Nation" bei der Wahl. "Wir werden vor den Supreme Court ziehen. Wir wollen, dass alles Wählen endet." Später beantragte Trumps Wahlkampfteam vor Gericht einen vorläufigen Stopp der Auszählung im Bundesstaat Michigan.

Auf Twitter prangerte Trump ein angebliches "Verschwinden" republikanischer Wählerstimmen an. Am Dienstagabend habe er in vielen Schlüsselstaaten noch einen "soliden" Vorsprung vor Biden gehabt, der "auf zauberhafte Weise" verschwunden sei. Stattdessen seien "Überraschungsstimmen" ausgezählt worden. Vermutlich bezog sich Trump auf die in vielen Bundesstaaten noch laufende Auszählung von Briefwahlstimmen. Experten zufolge dürfte die Mehrheit der Briefwähler für Biden gestimmt haben. 

Twitter versah mehrere Tweets des Präsidenten mit Warnhinweisen. Offiziell wurden bislang keine Unregelmäßigkeiten bei der Wahl gemeldet.

Die Wahlbeteiligung erreichte laut dem US Elections Projekt mit rund 160 Millionen Menschen eine Rekordhöhe. Mehr als 101 Millionen US-Wähler hatten ihre Stimme bereits vor dem Wahltag abgegeben, 65,2 Prozent von ihnen per Post.

Bidens Team wies Trumps Ankündigung, vor das Oberste Gericht zu ziehen, als "skandalös" und "beispiellos" zurück. "Niemals zuvor in unserer Geschichte hat ein Präsident der Vereinigten Staaten versucht, den Amerikanern in einer nationalen Wahl ihre Stimme wegzunehmen", erklärte Wahlkampfchefin Jen O'Malley Dillon. Trump stehe "eine der peinlichsten Niederlagen bevor, die je ein Präsident vor dem Höchsten Gericht des Landes erlitten hat", erklärte Bob Bauer, Anwalt in Bidens Wahlkampfteam. 

Sowohl Trump als auch Biden errangen wichtige Teilerfolge: Der Amtsinhaber siegte US-Medien zufolge in Florida und Ohio; vor allem ohne Florida hätte Trump praktisch keine Chance auf eine zweite Amtszeit gehabt.

Biden wiederum konnte unter anderem die "Swing States" New Hampshire und Minnesota gewinnen und eroberte für seine Partei den Bundesstaat Wisconsin zurück. Trump hatte dort 2016 mit nur rund 22.700 Stimmen Vorsprung vor seiner damaligen Rivalin Hillary Clinton gewonnen. Zudem gewann Biden das traditionell konservative Arizona. 

In den Schlüsselstaaten Michigan und Nevada lag Biden zuletzt leicht in Führung, während Trump in Georgia, North Carolina und Pennsylvania vorne lag. Nach Auszählung von etwa 78 Prozent der Stimmen in Pennsylvania hatte Trump rund 500.000 Stimmen mehr als Biden, doch die Ergebnisse aus überwiegend demokratischen Bezirken des Bundesstaats standen noch aus. 

"Wir müssen geduldig sein", sagte der demokratische Gouverneur von Pennsylvania, Tom Wolf. Es gebe "Millionen von Briefwahlstimmen", diese würden "akurat gezählt und sie werden voll gezählt". Kritik aus dem Weißen Haus an der langsamen Auszählung  wies er zurück. "Unsere Demokratie wird in dieser Wahl getestet". In Pennsylvania werden Briefwahlstimmen mit Poststempel vom Wahltag noch bis Freitag angenommen. 

Bereits vor dem Urnengang hatte es Befürchtungen gegeben, dass der Amtsinhaber eine mögliche Niederlage nicht anerkennen könnte. Auch gab es Ängste vor Unruhen. In der Wahlnacht zogen in der Westküsten-Metropole Portland teils bewaffnete Aktivisten vor das dortige Gerichtsgebäude; sie skandierten Anti-Trump-Parolen.

Für den Sieg bei der US-Präsidentschaftswahl muss ein Kandidat mindestens 270 der insgesamt 538 Wahlleute gewinnen, die auf Ebene der Bundesstaaten vergeben werden. Biden lag nach einer auf Angaben der US-Sender basierenden Zählung der Wahlleute-Stimmen am Mittwochabend (MEZ) bei 248 Wahlleute-Stimmen, Trump bei 214. 

Parallel zur Präsidentschaftswahl wurde der Kongress in großen Teilen neu gewählt. Dabei konnten die Demokraten laut US-Sendern ihre Mehrheit im Repräsentantenhaus ausbauen. Die Chancen der US-Demokraten auf eine Senatsmehrheit schrumpften hingegen: Die Republikaner konnten laut US-Medien unter anderem in Iowa, North Carolina und Maine drei Sitze verteidigen, bei denen laut Umfragen die Demokraten gute Chancen auf einen Sieg hatten.

ck/bfi Chris Lefkow und Sebastian Smith / © Agence France-Presse