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Rubens statt Döner

Alles ist Grau. Der sanfte Teppich feuchter Morgenluft liegt noch müde auf der Welt, aber der kleine Hibbelkopf ist schon wach – Rubens, geiel!


Gleich geht es nach 30 Jahren endlich mal wieder nach Paderborn, in die einzige Stadt, die noch katholischer ist als Münster. Kein Wunder, dass 150 Werke mit christlichen Themen vom Hans-Dietrich Genscher mit Pinsel aus dem 15. Und 16. Jahrhundert ausgerechnet hier gezeigt werden.

Ob sie es glauben oder nicht, mir kamen grad vor Freude die Tränen, einfach so, ähnlich dem Bild von Rubens, auf dem er die heilige Gottesmutter malte, als sie den leblosen Körper ihres Sohnes in den Armen hält, nur der Anlass ist bei mir ein freudigerer.

Der Diplomat und deshalb zumindest, was die Priorität anbetrifft, Freizeitmaler aller Zeiten hat viel erlebt, unter anderem den frühen Tot seiner ersten Frau durch die Pest, oder ständiges Anpassen an veränderte Lebensbedingungen bedingt durch die Regierungsform der spanisch- Niederlande.

Diese waren übrigens auch der Grund, warum er auf der Flucht seines Vaters und der Mutter in Siegen geboren wurde. Wenn man so will, war Rubens also doch ein „Teutscher“, was mir aber egal wäre, solange er nur intensiv genug darstellt; und das tat Rubens immer.

Von Picasso als beinahe talentloser Pinselakrobat verschmäht, der nur fette Frauen auf meist Holzwände gestaltete, war er jedoch zur damaligen Zeit unbestritten und hat somit für den König nicht nur diplomatische sondern auch künstlerische Aufträge ausgeführt.

In der Tat, seine Protagonisten sind oft, wie man heute sagen würde „curvy, fatty oder gar chubby“, aber wenn ich mich heute im Land der Möchtegern-Kim-Kardeshians umschaue, hat diese Darstellungsweise durchaus Bezug zur Realität. Peter-Paul Rubens, 1577  geboren, hat die Menschen gemalt, wie sie waren, mit roten Wangen und sattem Fleisch, auch an Stellen, wo man heute gern den Chirurg Verbesserungen vornehmen lässt.

Ich mag das Echte. Zu häufig fällt es mir schwer, beim Hinüberschauen von Magazinen, die Titelheldinnen zu unterscheiden. Zu häufig, verfällt die Welt in Gleichmacherei. Für Rubens waren die Menschen verschieden und fehlbar und weil sie ein Abbild Gottes sind, sind auch die Götter des flämischen Masters ebenso gestaltet. Neo Rauch sieht das ähnlich, weshalb er in Memorial eigene Werke zum Thema geschaffen hat, die auch, zumindest teilweise gezeigt werden.

Das Diozösenmuseum Paderborn musste aufgrund der Pandemie den Beginn der Ausstellung um zwei Monate verschieben, was anstandslos möglich aber nicht selbstverständlich war, denn Museen aus den Niederlanden, Belgien, Österreich und den USA haben mit dem gleichen Problem zu kämpfen und verzichten somit aufgrund eines Versprechens auf Highlights wie sie meine feuchten Augen gleich bewundern werden.

Laut Pressestelle, war die Ausstellung ein großer Erfolg. Wer solche Worte wählt, hat gewiss etwas anderes sagen wollen, aber sei es drum, für neun Euro eintritt, macht man wenig falsch, wenn man an der Kasse statt „zweier Döner bitte“ (die auch zu viel Fett beinhalten), einfach „einmal  für Erwachsene, sìl vouz plais“ von sich lässt.

 

Morgen sag ich Ihnen, ob ich vom sakralen Background eingeschläfert oder vom Meister verzaubert wurde.

 

Ihr, Adolf Ulf Münstermann.

 

Bild und Text: adolf.muenstermann@gmail.com