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"Wir brauchen Reformen", mahnte Merkel

Auch Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron äußerte sich anlässlich der Gründung der Vereinten Nationen vor 75 Jahren kritisch. "Unser gemeinsames Haus ist in Unordnung", sagte er


Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat zum 75. Jahrestag der Gründung der Vereinten Nationen kritische Töne angeschlagen und einen mangelnden Gemeinschaftssinn beklagt. Die UNO müsse zu oft hinter "ihren Idealen zurückbleiben, weil immer wieder Interessen einzelner Mitglieder verhindern, dass das Ordnungssystem so funktioniert, wie es müsste", sagte Merkel am Montag. "Doch wer meint, allein besser zurecht zu kommen, der irrt. Unser Wohlergehen ist ein geteiltes. Und unser Leid auch."

Merkel nannte in einer Videoansprache die Corona-Pandemie als ein Beispiel dafür, "dass globale Probleme über Ländergrenzen hinweg und auf allen Ebenen Verständigung und Zusammenarbeit erfordern". Die Vereinten Nationen könnten letztlich nur so gut sein, "wie ihre Mitglieder sich einig werden", sagte die Kanzlerin in ihrer Rede, die ebenso wie die Videobotschaften zahlreicher weiterer Staats- und Regierungschefs am UN-Sitz in New York ausgestrahlt wurde.

Die Kanzlerin beklagte zugleich, dass der UN-Sicherheitsrat - das wichtigste Gremium der Vereinten Nationen - zu oft "blockiert" sei, wenn es auf klare Entscheidungen ankommen. "Wir brauchen Reformen", mahnte die Kanzlerin. "Die Vereinten Nationen müssen sich weiterentwickeln, um die globalen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts bewältigen zu können."

Auch Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron äußerte sich anlässlich der Gründung der Vereinten Nationen vor 75 Jahren kritisch. "Unser gemeinsames Haus ist in Unordnung", sagte Macron in seiner Videobotschaft. "Seine Fundamente werden ausgehöhlt, seine Wände werden manchmal rissig unter den Schlägen jener, die es selbst aufgebaut haben."

Sowohl Macrons als auch Merkels Äußerungen konnten als Kritik an US-Präsident Donald Trump gedeutet werden. Der Rechtspopulist ist ein scharfer Kritiker von Multilateralismus und internationalen Organisationen und setzt auf das Motto "Amerika zuerst". Im Streit um den Umgang mit der Corona-Pandemie führt er unter anderem die USA aus der Weltgesundheitsorganisation (WHO).

Trump selbst nahm keine Videobotschaft für die Feierstunde in New York auf. Stattdessen hielt eine US-Diplomatin die Rede. Geplant ist aber eine Videoansprache des Präsidenten bei der am Dienstag beginnenden einwöchigen Generaldebatte der UN-Vollversammlung. Trump wird einer der ersten Redner sein.

Die Vereinten Nationen waren 1945 als Nachfolgeorganisation des Völkerbunds gegründet worden, um nach dem Zweiten Weltkrieg internationale Zusammenarbeit zu fördern und Konflikte zu vermeiden. Ihr gehören heute 193 Staaten an.

Als offizieller Geburtstag gilt zwar der 24. Oktober 1945; die Jubiläums-Zeremonie wurde aber bereits jetzt im Vorfeld der Generaldebatte abgehalten. Sie stand unter dem Motto "Die Zukunft, die wir wollen, die Vereinten Nationen, die wir brauchen: Bekräftigung unseres gemeinsamen Bekenntnisses zum Multilateralismus".

UN-Generalsekretär António Guterres beklagte zum Auftakt der Zeremonie, derzeit gebe es zu viele "multilaterale Herausforderungen und ein Defizit an multilateralen Lösungen". Er sagte: "Niemand will eine Welt-Regierung - aber wir müssen zusammenarbeiten, um die Führung der Welt zu verbessern."

fs/dja

Philippe RATER / © Agence France-Presse