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Nato berät über Konsequenzen

Seibert hatte in Berlin mitgeteilt, Nawalny sei "zweifelsfrei" mit einem chemischen Nervenkampfstoff vergiftet worden. Die Substanz der Nowitschok-Gruppe wurde durch ein Speziallabor der Bundeswehr nachgewiesen.

Nach der Bestätigung des Giftanschlags auf dem Kreml-Kritiker Alexej Nawalny wird die Nato über mögliche Konsequenzen beraten. Die Nato werde "mit Deutschland und allen Bündnispartnern die Auswirkungen dieser Erkenntnisse" erörtern, erklärte am Mittwochabend der Generalsekretär der Allianz, Jens Stoltenberg. Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen nannte einen Stopp des Baus der Gaspipeline Nord Stream 2 als mögliche Maßnahme gegen Russland.

Regierungssprecher Steffen Seibert zuvor in Berlin mitgeteilt, Nawalny sei "zweifelsfrei" mit einem chemischen Nervenkampfstoff vergiftet worden. Die Substanz der sogenannten Nowitschok-Gruppe wurde demnach durch ein Speziallabor der Bundeswehr nachgewiesen. 

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verurteilte den "versuchten Giftmord" an dem prominenten Kritiker des russischen Präsidenten Wladimir Putin" auf das Allerschärfste". Es sei versucht worden, Nawalny "zum Schweigen zu bringen". Die Kanzlerin kündigte Beratungen mit den Partnern in der EU und Nato "über eine angemessene gemeinsame Reaktion" an.

Rötten, der Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag ist, machte den Kreml direkt für den Angriff verantwortlich. "Jetzt sind wir erneut brutal mit der menschenverachtenden Realität des Regimes Putin konfrontiert worden", sagte er in den ARD-"Tagesthemen". 

Zur Pipeline Nord Stream 2, die russisches Gas nach Deutschland transportieren soll, sagte Rötten, eine Vollendung von deren Bau wäre "die maximale Bestätigung" für Putin, seinen bisherigen Kurs fortzusetzen - "denn er wird ja dafür sogar noch belohnt".


Nato-Generalsekretär Stoltenberg bezeichnete den Einsatz von Nervengift gegen Nawalny als "schockierend". Die Nato betrachte "jeden Einsatz chemischer Waffen als eine Bedrohung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit". 

In Washington erklärte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates im Weißen Haus, John Ullyot: "Die USA sind zutiefst besorgt über die heute veröffentlichten Ergebnisse". Er nannte die Vergiftung Nawalnys "absolut verwerflich". Ullyot kündigte im Kurzbotschaftendienst Twitter an, die USA würden mit ihren Verbündeten und der internationalen Gemeinschaft zusammenarbeiten, um die Verantwortlichen in Russland zur Verantwortung zu ziehen, "egal, wo die Beweise hinführen". 

Nawalny war am 22. August mit Vergiftungserscheinungen aus Russland zur ärztlichen Behandlung nach Berlin geflogen worden. Er wird seither von Ärzten der Universitätsklinik Charité behandelt. Ein Labor der Bundeswehr hatte auf Veranlassung der Charité eine toxikologische Untersuchung anhand von bei Nawalny genommenen Proben vorgenommen

Die Regierung in Moskau, die bisher alle Berichte über eine Vergiftung Nawalnys zurückgewiesen hatte, signalisierte am Mittwochabend Gesprächsbereitschaft: "Wir sind bereit und daran interessiert, vollständig zu kooperieren und die Informationen zu diesem Thema mit Deutschland auszutauschen", sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow laut der Nachrichtenagentur RIA Nowosti. 

Die russische Botschaft warnte allerdings vor einer "Politisierung dieses Vorfalls". Bei der Aufarbeitung müsse allein auf "glaubwürdige Fakten" gesetzt werden, die hoffentlich so bald wie möglich geliefert werden könnten, hieß es in einer Erklärung der Botschaft. Im Austausch mit Deutschland über den Fall zähle Russland auf eine "wahre Kooperation". 

Das Auswärtige Amt in Berlin teilte seinerseits mit, es habe dem russischen Botschafter klargemacht, dass eine "vollumfängliche" Aufklärung der Hintergründe des Anschlags "in voller Transparenz" nötig sei. Daran sollte Russland "selbst ernsthaftes Interesse haben", twitterte das Ministerium.

dja

© Agence France-Presse