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Er hat es doch nur gut gemeint …

Jeder von uns hat ihn und das besonders perfide an ihm ist, dass er immer in Opposition zu dem steht, was unser Verstand gerade von uns erwartet. Man kann sich also nicht einmal darauf verlassen, dass er es gut mit uns meint, oder? Dieser verdammte innere Schweinehund.


Wenn wir aufgehört haben zu rauchen, giert der innere Schweinehund nach nur einem Zug. Wenn wir lange auf süßes verzichtet haben, sehnt sich der innere Drecksack nach einer Nacht im Süßigkeitenladen und an Silvester verschiebt er den täglichen Sport im neuen Jahr auf morgen.

Was hat sich die Natur dabei gedacht, uns ein Vehikel an die Hand zu geben, das uns ständig in die Irre zu führen scheint? Ist es, wie die alten Griechen sagen, der Trieb, den es mit Tugenden zu besänftigen gilt oder muss man gar früher ansetzen, an dem Punkt, als uns der moderne “Schweinehund“ nur zu dem geraten hat, was gut für uns ist, weil es effektiv oder praktisch oder einfach nur „nicht doof“ war, ihm nachzugeben?

Kann es nicht ein, dass wir mit unserer Art zu leben den inneren Schweinehund einfach überdressiert haben. All diese simplen Verlockungen um uns herum und alles, jedes kleinste Detail säuselt einem in den Geist: Nimm mich!

Damals, als Besen noch mit "u2" geschrieben wurde, wenn überhaupt, half uns eine innere Stimme dabei, zu selektieren, zu finden, was hilfreich ist. Wenn etwas schmeckte, sagte einem diese innere Stimme: Mehr, mehr, mehr! Weil der Geist instinktiv ahnte, das was schmeckt, gut für denjenigen ist, der es zu sich nimmt. Er konnte dem Ich noch nicht sagen: weil da viel Vitamin C drin ist, sondern lediglich, guter Geschmack ist schon mal ein gutes Zeichen. Und in einer Welt ohne Kühlschrank und Eisfach kann das schon mal praktisch sein, wenn man nicht verhungert.

Heute hingegen, gibt es von allem zu viel, und zu viel, ist nie gut. Auch das sagt uns der innere Schweinehund, nur dass wir ihn in diesem Fall nicht so nennen. Der der verlauten lässt: Boahhh bin ich voll, ich krieg keinen Bissen mehr runter“, ist der Gleiche, der sagt: noch eine Zigarette.

Aber die Zigarette schmeckt doch objektiv gar nicht. Richtig, sie ist vornehmlich ein Nervengift, aber das ist nicht der interessante Punk in Bezug auf den inneren Schweinehund. Denn dieser lässt sich dressieren, was auch dafürspricht, dass er sich im Gehirn „und nicht im Bauch“ befindet. Das Gehirn hat so viele Aufgaben in jedem Moment zu erledigen, dass es ökonomisiert. Will heißen: was wir oft machen, wird wohl gut sein, und was gut ist und oft gemacht wird, musss belohnt werden. Vormals war damit essen, trinken und Nachwuchs zeugen gemeint, was daraus wurde, sehen wir heute, wenn der innere Schweinehund vor Netflix fesselt, während wir arbeiten sollten. Der innere Schweinehund möchte eigentlich nur, dass es uns gut geht. Eigentlich passt er nur auf uns auf, es liegt nur am jeweiligen Besitzer, ihn richtig zu erziehen. Zum Glück lernt das Gehirn nie aus und somit kann Bello, Hasso, Arschloch oder auch jedes andere Synonym für ihn, jederzeit wieder „auf den Pfad der Tugend" zurückgeführt werden, denn was eine Tugend ist, weiß der innere Schweinehund nicht, er weiß nur, was sich gehört, wenn man ihm das vorher beibringt.

 

Bild: Adolf Ulf Muenstermann