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Rituale der Kirche

Über die Kirchen im Allgemeinen und die katholische im Speziellen, wurde bereits viel geschrieben und nachgedacht. Bei meiner aktuellen Literatur komme ich nun nicht umhin, vieles über die Ursprünge jener Glaubensrichtung zu erfahren, was mir vorher nicht bewusst war.


Allein die Taufe, dieser rituelle Akt, der in heutigen Zeiten am Kleinkind „vorgenommen“ wird, hat unendlich viele Geheimnisse in seinem Ritus verbunden, von denen einige für Sie ab heute keine Unbekannten mehr bleiben müssen.

So stand diese Handlung, die mit dem Wasser vollzogen wird, das symbolisch für jenes steht, womit Gott auch aus dem Lehm die Menschen geschaffen hat, zu Zeiten zwischen 200 und etwa 500 vor Christus zwar auch am Anfang der Teilhabe an der Glaubensgemeinschaft, aber nicht am Anfang eines Lebens. Die Taufe erhielt man für gewöhnlich als verheirateter Erwachsener, nur so konnte einigermaßen sicher davon ausgegangen werden, dass die „Sturm und Drang Zeit“ des Täuflings hinter ihm lag und er und auch sie über die erneute Waschung mit heiligem Nass durch die Hände des Bischofs, ein erneut reines Gewissen bekommen.

Zur damaligen Zeit war mit der Taufvorbereitung sogar ein Zeitraum von bis zu drei Jahren angedacht, in dem man sich intensiv mit den Maximen, die mit Mäßigung und Demut einhergingen, auseinanderzusetzen hat. Am Ende dieser Zeit stand ein Exorzismus, bei dem die Seele auf ihren Reinheitsgrad geprüft wurde, d.h. der Bischof wollte die Seele so weit offen legen, dass Gott sich ein Bild von ihrer Reinheit machen konnte, denn Vergebung und Aufnahme in den Kreis der Gläubigen war kein Selbstläufer. Gott konnte Gnade gewähren, musste es aber nicht. Das und das Bewusstsein darüber, ist die eigentliche Kunst des Glaubens. Mit dem Glaubensbekenntnis untermauerte man darüber hinaus, dass man dieses Ritual und die damit einhergehende Wandlung, also die Transformation vom unvergebenen Sünder zur selbstkritischen Kreatur mit dem Bewusstsein immer wieder fehlbar zu sein. Die Taufe liegt somit geschichtlich nahe an den Moralvorstellungen der alten Griechen. Das Problem lag nur darin, dass sich über den Hellenismus und den Untergang des weströmischen Reiches (ca. 400), die Philosophie vereinte und das erst wieder am Ende des Mittelalters, durch die Eroberung Konstantinopels (1476), in der sich die griechische Kultur gehalten hat.

 

Durch die Wiedereinführung des alten Wissens, wurde die alte Welt mit uraltem Wissen geschwämmt, plötzlich traten Aristoteles und Pythagoras wieder zu Tage, die in der Renaissance nicht nur die Wissenschaften beflügelten, sondern sich auch in der Theologie manifestierten. Über das neue Wissen, das plötzlich zur Verfügung stand, wurde der Gedanke der Aufklärung geboren. Alle Wissensbereiche wandelten sich vom Glauben zum Wissen über die Empirie. Und somit wurde aus der Beichte eine Buße und aus der Buße eine Beichte. Will heißen, wo man vormals die Sünden zu tage bringen wollte, suchte man zwischen 1450 und 1900 nach dem Schuldigen, der Ursache für die Sünde, also nach dem Menschlichen im Menschen, nach dem, was ihn individuell macht, um genau jene Charakterschwäche zu kompensieren. Wenn wir den Schuldigen gefunden haben, der vorher sogar dem Geist unbekannt war, kann man diese Schwachstelle heilen und den Menschen zurück und gereinigt in die Glaubensgemeinschaft aufnehmen. Beflügelt wurde dieser Ritus durch den späteren Exorzismus, der genau an jener Stelle den Teufel vermutete.

 

Es ging und geht also in der Taufe nicht darum, sich von seinen Sünden rein zu waschen, sondern sich seiner Fehlbarkeit bewusst zu sein und dem Umstand, dass Gott dem Sünder nur vergibt, wenn er authentisch bereut. Die Sünden, die begangen wurden, müssten ihm schon vorher nicht entgangen sein, aber durch den Ritus, sollte das dem Sünder zuvorderst in der Taufe und dann immer wiederkehrend in der Beichte sein Glaube an den Gott der Vergebung erneuert werden.


Die Katholische Kirche hat folglich aus dem philosophischen Anspruch der Neuplatoniker, der nicht selten falsch interpretiert wurde, eine Kultivierung im Sinne eines gnädigen Gottes gemacht. Aus der Sorge um sich wurde ein erkenne dich selbst und darüber die Hoffnung, in der Beichte den kennen zu lernen, den man selbst den ganzen Tag nicht zu erkennen in der Lage ist, zu erhellen. Und dieser reine Mensch, der frei von Sünde und Schande ist, das ist der Neugeborene, der in einer intakten Ehe gehegt und gepflegt werden muss, damit sich seine Tugenden entfalten und er darüber zu einem Menschen wird, der nie vergisst, dass tugendhaftes Handeln, das vormals direkt dem Seelenheil gegolten hat, mittlerweile zum Seelenheil führt, das nicht von den Tugenden, sondern von Gott abhängt. Die Tugenden sollen nur dabei behilflich sein, die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, Vergebung zu erlangen.

 

Das macht jetzt vielleicht nichts besser, aber es verdeutlicht den Anspruch, den die Kirchen mit ihren Riten verbinden, nämlich den, Gott als möglichst apathische (leidenschaftslos durch Mäßigung) gegenüber zu treten. Man hat über Tugenden seine Triebe kontrolliert, guten Nachwuchs aus Respekt vor dem Partner, sich, Gott und dem Nachwuchs selbst, nur dann gezeugt, wenn es sich dergestalt gezieme, dass der Akt bei Nacht und nur zu bestimmten Zeiten vollzogen wurde. Denn der Akt war neben der Sünde etwas Heiliges, das geschützt und umhegt werden muss.

 

Der Akt war etwas, das den Menschen mit Gott ähnlich macht. Der Mensch wird ein Schöpfer, aber von Gott einer Bürde befreit, die den Menschen zum Schöpfer ohne Akt macht, könnte er das, wäre er Gott, aber er kann das nicht, somit ist die Daseinsberechtigung des Menschen selbst, als von Gott liebenswertes Objekt darin begründet, dass er synonym für die Gutheit Gottes steht. Alles wurde von Gott erschaffen, aber der Mensch wurde mit Gottes Händen gemacht, weil er ihn liebt. Nur deshalb existiert er, und das ist der Grund, warum wir leben, deshalb sollen wir dieses Leben nicht mit Kleinstvergnügen vergeuden, sondern es der Dankbarkeit an unseren Schöpfer widmen, denn das ist unsere Aufgabe, sonst nichts. Sagt zumindest die Kirche.


Bild: Adolf Ulf Muenstermann