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(Kurzge-)Macht

Von den meisten wird sie groß gedacht. In den Händen von Staatenlenkern und Konzernchefs beheimatet, organisiert sie das Chaos der Welt. Zumindest versucht sie es.

Dass sie immer nur bemüht sein kann, Struktur zu spenden, aber nie den Zustand der völligen Harmonie erreichen kann, liegt, zumindest bei uns in Europa an der Historie der Macht. Macht, das war der gewaltsame Weg, als Herrscher Ordnung und sich Legitimität zu verschaffen. Legitimität im Kampf mit anderen und Ordnung in der Akzeptanz des „Schutzbefohlenen“ in die degradierte Position.

Aber die Macht ist mittlerweile weit mehr als ein gewalttätiges Organ mit honoren Zielen. Sie speist sich aus den Diskursen über alles und jeden. Macht ist also nie ohne Gegenpol. Macht besteht im Moment zweier Kräfte, die aufeinander wirken, die der sich legitimieren wollenden und der, die sie anzweifelt. Die Zweifler werden aber global nur dann zu seinem Problem, wenn sie weitere Satellitenpunkte der Machtkritik auffinden und sich mit jener vereinen können. Aber auch ihr Bemühen wird schlussendlich, selbst im glücklichsten Fall der Machtübernahme, wieder ein Konstrukt aus Diskursen sein, die durch eine Revolution der Kritiker zu Fall gebracht werden, kann.

Die Ironie ist, dass Machiavelli zu Renaissancezeiten mit seinem Pamphlet „der Fürst“, als Anleitung für erfolgreiches Machtausüben, eben nicht das königliche Haupt beschrieb, wie es zu agieren hat, sondern unbewusst bestätigte, dass Macht immer aus verschiedenen Handlungen besteht. Macht ist nicht eine singulare Kraft. Über den Diskurs von allem mit allem und über alles, wird jede Hypothese angreifbar, und es wird sich immer einer finden, der diese schwache Stelle findet und sie auszulöschen sucht. Was er leider nicht macht, ist, dass er sich anschickt, die Macht von der juristisch abgekoppelten Kohärenz (also den vielen Ursachen, die einem Zustand zugrunde liegen) zu befreien.

Es klingt absurd, aber um die Macht ihrer düsteren Facette zu berauben, ihrer Ungerechtigkeit, die wir immer damit konnotieren, müssen wir nicht versuchen, die Macht mit ihren eigenen Mitteln zu stürzen, sondern mit den Mitteln, die sie hervorbrachte, das Gespräch, in ihre Schranken zu weisen.

Natürlich ist das nur ein hypothetischer Wunsch, dessen Erfüllung wir wahrscheinlich alle nicht mehr erleben, aber vielleicht geht es Ihnen wie mir: wenn man weiß, dass es immer Gegenpositionen gibt, dann kann man sie auch freudig erwarten. Das macht nicht immer alles besser, aber oft lustiger.

 

Bild: Adolf Ulf Muenstermann