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Ein Zuhause auf Zeit

Studierende der FH Münster erarbeiten für das Alexianer Clemenshospital ein Konzept für das Pelikanhaus.


Münster (21. Juli 2020). Nichts ist so wichtig, wie die eigene Gesundheit. Gerade in Zeiten von Corona haben wir das alle wieder vor Augen geführt bekommen. Aber was ist noch wertvoller als die eigene Gesundheit? Die unserer Kinder. Was machen Eltern, wenn plötzlich ihre Welt stillsteht, weil ihr Kind schwer erkrankt ist? Alles wird irgendwie drum herum organisiert: Hauptsache, das Kind bekommt die beste medizinische Versorgung. Oft reisen Eltern dafür mit ihrem kranken Kind aus anderen Städten nach Münster und wissen nicht, wo sie übernachten sollen. Für solche Situationen soll am Clemenshospital das Pelikanhaus – ein Zuhause auf Zeit – entstehen, das den Eltern unkompliziert, auch für längere Zeit, Zuflucht bietet. Es soll ein Ort werden, durch den sie näher bei ihren Kindern sind und sich nach einem schweren Tag im Krankenhaus erholen können. Wie ein solches Haus aussehen und wie man es finanzieren könnte, dazu haben sich Studierende des Fachbereichs Wirtschaft der FH Münster, der Münster School of Business (MSB), Gedanken gemacht.

Im ersten Schritt führte die Gruppe viele Interviews – mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kinder- und Jugendklinik, dem Fundraising-Team des Krankenhauses und betroffenen Eltern, die eine ähnliche Unterkunft bereits genutzt haben oder potenziell nutzen werden. Darauf basierend entwickelten sie unterschiedliche Finanzierungsmöglichkeiten für den Betrieb des Wohnhauses. Dazu zählen: Geldspenden, Sachspenden, Unterstützung durch bekannte Förderer oder ehrenamtliche Mitarbeit. In der Umfrage berücksichtigten sie auch, wie der Aufenthalt für die Betroffenen bestmöglich gestaltet werden kann. „Dieses Projekt hat uns den Blick für andere Lebensgeschichten und Menschen geöffnet“, findet Regina Schneider, Studentin des Masterstudiengangs International Marketing and Sales. Gemeinsam mit Noemi Nohse und Jana Pommerening hatte sie die studentische Leitung des Seminars übernommen. Bei der Befragung fand das Team­­ beispielsweise auch heraus, dass die Eltern sich Sport- und Meditationsangebote wünschen, um Kraft für die Begleitung ihres erkrankten Kindes zu tanken.

„Ich finde es wichtig, dass sich BWLer auch für soziale Themen einsetzen und dass sie nicht nur in der Gewinnsteigerung einen Mehrwert für Unternehmen sehen“, so Katrin Uude, die gemeinsam mit Nachwuchsprofessorin Dr. Kerstin Kurzhals und Doktorandin Choiwai Maggie Chak vom Science-to-Business Marketing Research Centre (S2BMRC) der FH Münster das Praxisprojekt leitete. Gerade im sozialen Bereich ginge es darum, innovative Ideen zu entwickeln, da oft nicht viel Kapital verfügbar sei. So wurden die Studierenden kreativ und entwickelten innerhalb von drei Monaten ein nachhaltiges Geschäftsmodell für das Pelikanhaus. Die Ergebnisse berücksichtigte die Gruppe in ihren umfassenden Handlungsempfehlungen, die sie zum Schluss vor Vertretern des Pelikanhaus präsentierten – allerdings nur virtuell. Und auch das restliche Projektseminar fand wegen Corona digital statt.

„Für das Team war das eine große Herausforderung, die wir aber gemeistert haben“, sagt Masterstudentin Regina Schneider. Hinzu kamen sprachliche Barrieren, da die Studierenden aus drei verschiedenen Ländern kommen und die Projektsprache – Englisch – die Muttersprache von keiner und keinem der Beteiligten ist. „Dementsprechend haben wir auch viel über interkulturelle Zusammenarbeit gelernt“, ergänzt Noemi Nohse. Jana Pommerenings Fazit lautet: „Die Tatsache, dass es sich bei dem Pelikanhaus um ein soziales Projekt handelt, hat für mich den besonderen Reiz ausgemacht, weil wir mit unserem Arbeitseinsatz und unseren Ergebnissen einen direkten Beitrag dazu leisten konnten, den betroffenen Familien in einer extremen Krisensituation ein Zuhause auf Zeit und ein Stückchen Lebensqualität geben zu können.“

Auch Sabrina Schulz vom Fundraising-Team des Clemenshospitals zeigte sich zufrieden mit dem Resultat: „Wir sind beeindruckt von dem Ergebnis und der Präsentation der Studierenden – insbesondere unter diesen besonderen Umständen.“ Den lobenden Worten schlossen sich Privatdozent Dr. Otfried Debus, Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin im Clemenshospital, und Dr. Martina Klein, Leiterin des Referats Fundraising bei der Alexianer GmbH, an. „Die Ergebnisse sind von hohem Wert für die Entwicklung des Pelikanhauses und werden im zukünftigen Projektverlauf berücksichtigt“, betonte Dr. Debus.

Nachwuchsprofessorin Kurzhals schaut optimistisch auf weitere gemeinsame Projekte: „Wir freuen uns, dass die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen der FH Münster und der Alexianer GmbH fortgeführt werden soll.“ Denn genau diese Art von sozialen Projekten möchte sie mit ihrem Forscherteam aus der Vertiefungsrichtung Science-to-Society – also Forschung, die die Gesellschaft einbindet und ihr zugutekommt – auch zukünftig stärker in der Lehre verankern. „So möchten wir die sogenannte ‚Third Mission‘ unserer Hochschule, Wissen, Innovationen und Transfer für die Gesellschaft verfügbar zu machen, weiter vorantreiben.“

Zum Thema: Das Clemenshospital gehört zum Gesundheitsverbund der Alexianer GmbH. Der Pelikan, als Namensgeber des Hauses, steht für christliche Nächstenliebe und ist gleichzeitig das Wappentier der Alexianer.

Die Alexianer GmbH mit Hauptsitz in Münster ist ein Unternehmen, in dem rund 15.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt sind. Bundesweit sind die Alexianer in neun Regionen vertreten: Aachen, Berlin-Hedwig, Berlin-Weißensee, Köln/Rhein-Sieg, Krefeld, Münster, Münster-Misericordia, Potsdam und Sachsen-Anhalt. Die Einrichtungen der Alexianer zeichnen sich dadurch aus, dass sie starke regionale Anbieter sind. Das Angebot für Patienten und Klienten beinhaltet ambulante, teilstationäre, vollstationäre und rehabilitative Hilfen.

Titelbild: Eltern, deren Kinder über längere Zeit im Clemenshospital behandelt werden, ein temporäres Zuhause bieten: Das ist das Ziel des Pelikanhaus in Münster. Studierende der FH Münster haben Finanzierungsmöglichkeiten für den Betrieb des sozialen Wohnprojekts entwickelt. (Foto: Markus Hauschild)