Zum Inhalt springen
OZD.news - News und Nachrichten zum Nachschlagen

Durchbruch im EU-Streit?

"Die letzten Schritte sind immer die schwierigsten", sagte Michel am Montagabend, bevor er den 27 Mitgliedstaaten seinen neuen Kompromissvorschlag vorlegte. Er sei aber "zuversichtlich", dass "eine Vereinbarung möglich ist".

Weniger direkte Hilfen an die am schwersten von der Corona-Krise getroffenen Länder und deutlich höhere Rabatte für die "Sparsamen" aus dem Norden: Mit einem am Montag vorgelegten neuen Kompromissvorschlag will EU-Ratspräsident Charles Michel den Durchbruch beim EU-Marathon-Gipfel in Brüssel schaffen. Bundeskanzlerin Angela Merkel hoffte am vierten Tag des Treffens auf eine Einigung, erwartet aber noch harte Verhandlungen.

"Die letzten Schritte sind immer die schwierigsten", sagte Michel am Montagabend, bevor er den 27 Mitgliedstaaten seinen neuen Kompromissvorschlag vorlegte. Er sei aber "zuversichtlich", dass "eine Vereinbarung möglich ist".

Seit Freitag verhandeln die 27 Staats- und Regierungschefs über den Aufbauplan gegen die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise. Michel beließ nun das Gesamtvolumen bei 750 Milliarden Euro, die als gemeinsame EU-Schulden aufgenommen werden sollen. Aber nur noch 390 Milliarden Euro sollen als Zuschüsse an die besonders von der Pandemie getroffenen Länder vor allem im Süden fließen. 360 Milliarden Euro dagegen als Kredite.

Ursprünglich waren 500 Milliarden Euro Zuschüsse geplant und 250 Milliarden Euro Kredite. Dagegen stemmten sich aber die "sparsamen Vier" aus den Niederlanden, Österreich, Dänemark und Schweden, die noch von Finnland verstärkt wurden. Sie wollten ursprünglich nur Kredite.

Diplomaten zufolge hatten die sparsamen Länder den Betrag von 390 Milliarden Euro nach intensiven nächtlichen Verhandlungen zum Montag akzeptiert. Zuletzt galt aber noch als unsicher, ob es bei der Gesamtsumme von 750 Milliarden Euro bleiben kann, denn für die Kredite sehen viele Mitgliedstaaten wegen anderer Instrumente wenig Bedarf. Zudem sind viele Länder im Süden Europas ohnehin bereits hoch verschuldet.

Die Staats- und Regierungschefs hätten in der Nacht "einen Rahmen für eine mögliche Einigung erarbeitet", sagte Merkel am Mittag. Dies gebe Hoffnung, "dass es heute vielleicht zu einer Einigung kommt". Es werde aber "nicht einfach werden". Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sagte, er bleibe "extrem vorsichtig", solange nichts beschlossen sei.

Wegen des Streits um die Corona-Hilfen musste der Gipfel bereits um zwei Tage verlängert werden. Am Abend prüften die 27 Mitgliedstaaten den neuen Vorschlag Michels, der 66 Seiten lang ist. Er umfasst auch den Vorschlag für den nächsten EU-Finanzrahmen für die Zeit von 2021 bis 2027, aus dem etwa Programme für Bauern, Regionen, Unternehmen oder Forscher finanziert werden. 

Hier ließ Michel den Gesamtbetrag von 1074,3 Milliarden Euro unverändert. Deutliche Kürzungen gäbe es aber bei einem Fonds, der Kohleregionen auch in Deutschland den Übergang in eine klimafreundliche Zukunft ebnen sollte. Michels sieht nun im Vergleich zum ursprünglichen Vorschlag 22,5 Milliarden Euro weniger für den sogenannten Just Transition Funds (JTF) vor.

Andererseits erhöhte Michel die Rabatte für die Haushaltsbeiträge der "sparsamen Vier" deutlich. Bei Österreichs wurde der jährliche Nachlass sogar auf 565 Millionen Euro mehr als verdoppelt. Die Niederlande kommen nun auf 1,92 Milliarden Euro - 345 Millionen Euro mehr als vor dem Gipfel. Den Rabatt für Deutschland als größtem Beitragszahler tastete Michel nicht an. Er blieb unverändert bei 3,67 Milliarden Euro. 

Diplomaten erwarteten, dass das Treffen erneut bis spät in die Nacht geht. Denn selbst bei einer grundsätzlichen Einigung zu allen Aspekten beim Corona-Fonds müssen noch andere Fragen geklärt werden.

Dazu gehört das umstrittene Vorhaben, EU-Gelder bei Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit künftig zu kürzen. Hiergegen stemmen sich Polen und Ungarn, die seit Jahren in der EU wegen Verstößen gegen Werte und die Unabhängigkeit der Justiz am Pranger stehen.

mt/pe/mkü