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Opposition in Hongkong hält Vorwahlen ab

Die Hongkonger haben erneut ein Wunder vollbracht und der Welt gezeigt, wie viele Menschen unser pro-demokratisches Lager zum Wählen bringen kann.

Ungeachtet von Drohungen der pekingtreuen Regierung haben sich mehr als eine halbe Million Hongkonger an den Vorwahlen der pro-demokratischen Opposition für die Regionalparlamentswahl im Herbst beteiligt. Bis zur Schließung der Wahllokale am Sonntagabend hätten mehr als 580.000 Menschen ihre Stimme bei der inoffiziellen zweitägigen Wahl abgegeben, teilten die Organisatoren mit. Bei einer Razzia durchsuchten Polizisten derweil das Büro eines an der Organisation der Vorwahlen beteiligten Meinungsforschungsinstituts.

Zehntausende warteten in der drückenden Sommerhitze geduldig vor den mehr als 250 Wahllokalen der Stadt. Dies zeuge vom "Mut der Hongkonger", freute sich Organisator Au Nok Hin. "Ich liebe Hongkong einfach. Die Hongkonger haben erneut ein Wunder vollbracht und der Welt gezeigt, wie viele Menschen unser pro-demokratisches Lager zum Wählen bringen kann." Das Wahlergebnis wird voraussichtlich am Montagabend bekanntgegeben. 

"Je unterdrückter die Hongkonger sind, desto standhafter sind sie", sagte der bekannte Demokratie-Aktivist und Juraprofessor Benny Tai. Die 34-jährige Wählerin Tseung Kwan O sagte der Nachrichtenagentur AFP, es sei völlig ungewiss, wie viele pro-demokratische Politiker nach Inkrafttreten des umstrittenen chinesischen Sicherheitsgesetzes überhaupt bei der Wahl zum Regionalparlament antreten dürften. 

Das von massiver internationaler Kritik begleitete Sicherheitsgesetz für Hongkong war vergangene Woche in Kraft getreten. Das Gesetz erlaubt den chinesischen Behörden ein hartes Vorgehen gegen alle Aktivitäten, die aus ihrer Sicht die nationale Sicherheit bedrohen. 

Am Donnerstag hatte der auch für die Beziehungen zu Festland-China zuständige Hongkonger Verfassungsminister Erick Tsang  mit Konsequenzen für alle gedroht, die an der Organisation und Planung der Vorwahlen beteiligt waren oder auch nur zur Abstimmung gehen würden. In einem Interview mit mehreren regierungsnahen Zeitungen sagte Tsang, die Organisation oder Teilnahme an der Wahl könne als Versuch der Zersetzung oder Verschwörung mit ausländischen Kräften gewertet werden. 

Nach dem neuen Sicherheitsgesetz können Aktivitäten, die von den Behörden als Subversion, Sezession, Terrorismus oder Verschwörung mit ausländischen Kräften gewertet werden, mit lebenslänglichen Haftstrafen geahndet werden.

Das Meinungsforschungsinstitut Pori, das die Organisation der Vorwahlen durch die Entwicklung eines Wahlsystems ermöglicht hatte, teilte am Samstag mit, dass Polizisten in der Nacht die Institutsbüros durchsucht hätten. Die Beamten hätten Dateien von den Computern kopiert, sagte Pori-Direktor Robert Chung. Die Polizei begründete die Durchsuchung mit Berichten über einen Hackerangriff auf die Pori-Computer, durch den persönliche Daten öffentlich geworden seien. 

Die Polizisten hätten ihm versichert, dass sie keine Informationen nutzen würden, die nicht im Zusammenhang mit dem mutmaßlichen Hacker-Angriff stünden, sagte Chung, der auch die Arbeit seines Instituts für die pro-demokratische Opposition verteidigte. "Die Vorwahlen sind ein friedlicher, rationaler und gewaltfreier Ansatz, um öffentlich eine Meinung zum Ausdruck zu bringen", betonte er.

Nach dem Inkrafttreten des umstrittenen Sicherheitsgesetzes will Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) eine einheitliche Position der EU gegenüber Peking erreichen. "Ich habe mich dafür eingesetzt, dass wir rasch darüber beraten, welche Konsequenzen sich aus dem Gesetz für unser Verhältnis zu Hongkong und China ergeben", sagte Maas den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND, Montagsausgaben). Am Montag werde es auf dem EU-Außenministertreffen in Brüssel dazu erste Vorschläge geben. 

Maas mahnte Geschlossenheit an: "Ich bin fest davon überzeugt, wir können gegenüber China nur dann etwas erreichen, wenn wir als EU geschlossen mit einer Stimme sprechen." Dies zu erreichen, sei die "vordringliche Aufgabe" der EU-Ratspräsidentschaft, erklärte der Minister.

noe/lan

© Agence France-Presse