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Stopp der Feuerwerk-Böllerei in 98 Städten gefordert

Deutsche Umwelthilfe (DUH) wirbt für "Silvester 2.0": Licht- und Lasershows wie in Landshut sind die moderne und saubere Alternative zur Schwarzpulver-Böllerei

Berlin (ots) DUH zieht positive Zwischenbilanz ihrer Initiative für Schwarzpulver-freie Silvester-Feuerwerke in deutschen Städten - Knapp 60 Prozent der Bundesbürger befürworten ein generelles Böller-Verbot in dicht besiedelten Innenstädten - Im Auftrag der DUH erstelltes Rechtsgutachten zeigt 98 Städten mit Feinstaubwerten oberhalb des WHO-Grenzwerts auf, wie sie die für die Luftqualität, Gesundheit und Tierwelt schädliche Böllerei verbieten können - DUH und die Saarländerin Andrea Glomba wollen viele hunderttausend Bürgerinnen und Bürger dafür gewinnen, über eine eigene Petition Böller-Verbote zu fordern - DUH wirbt für "Silvester 2.0": Licht- und Lasershows wie in Landshut sind die moderne und saubere Alternative zur Schwarzpulver-Böllerei

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) setzt sich bereits seit vielen Jahren für ein Ende der archaischen Böllerei zu Silvester ein und erfährt dabei eine breite Unterstützung von fast 60 Prozent der Bevölkerung laut einer Umfrage von YouGov. Nur eine Minderheit von 40 Prozent der Bundesbürger spricht sich für ein Fortbestehen der für die Luftreinhaltung sowie für die Gesundheit von Mensch und Tieren abträglichen Schwarzpulver-Böllerei aus.

Am ersten Tag eines jeden Jahres herrschen in deutschen Städten aufgrund des Silvester-Feuerwerks teils Rekord-Feinstaubbelastungswerte von 1000 µg PM10/m³. Polizei und Krankenhäuser registrieren viele tausend Verletzte. Zahlreiche Wohnungsbrände und vermüllte Straßen oder Grünanlagen sind die Folge - vielerorts wird von Ausnahmezuständen gesprochen.

Die DUH hatte bereits im Juli 2019 in 31 Städten und Gemeinden, die die DUH wegen der NO2-Grenzwertüberschreitung beklagt und zudem eine hohe Feinstaubbelastung aufweisen, formale Anträge auf Böller-Verbote für deren dicht besiedelte Innenstädte gestellt. An diesem Montag, den 21. Oktober 2019, folgten nun 67 weitere formale Anträge für alle weiteren Städte, deren innerstädtische Luft mit gesundheitsschädlichen Partikelkonzentrationen von 20 µg/m³ Feinstaub (PM10) im Jahresmittel belastet ist. Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt, zum Schutz der Gesundheit diesen Wert nicht zu überschreiten. Damit müssen sich nun alle 98 von diesen gesundheitsschädlichen Werten betroffenen Städte mit dem DUH-Verbotsantrag beschäftigen. Das Berliner Rechtsanwaltsbüro Geulen & Klinger zeigt in einem Rechtsgutachten die formalen Möglichkeiten für entsprechende Verbotsregelungen auf.

Dazu Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH: "Wir wünschen uns weiterhin freudige Feste zum Jahreswechsel - aber ohne verpestete Luft, brennende Häuser, verletzte Menschen und verängstigte Tiere durch archaische Schwarzpulver-Böllerei. Bürgerinnen und Bürgern möchten wir mit unserer gestarteten Online-Petition die Möglichkeit geben, Umweltministerin Svenja Schulze zur Gesetzesänderung und die betroffenen Städte zu innerstädtischen Böller-Verboten wie in Berlin, Landshut oder München zu bewegen. In den 98 am stärksten belasteten Städten haben wir formale Anträge gestellt und hoffen, dass möglichst viele bereits zum kommenden Jahreswechsel innerstädtische Böller-Verbote beschließen und sich damit für die Saubere Luft und für ihre Bürgerinnen und Bürger entscheiden."

Obwohl auch das Umweltbundesamt bereits seit Jahren vor den negativen Folgen der Silvester-Böllerei warnt und viele andere Staaten in Innenstädten die Böllerei grundsätzlich verbieten oder extrem reglementieren, herrscht in vielen deutschen Städten jedes Jahr zum Jahreswechsel ein regelrechter Ausnahmezustand. Am Neujahrstag zeigen sich die Innenstädte als verwüstete und mit Böllermüll verdreckte Umwelt. Die DUH kritisiert, dass die Bundesregierung trotz jahrelanger Warnung der DUH und ihres eigenen Umweltbundesamtes weiterhin untätig bleibt.

Die DUH verstärkt daher ihren Einsatz gegen die schädlichen Folgen der Silvester-Böllerei. Sie fordert gemeinsam mit Andrea Glomba zehn Wochen vor Jahreswechsel alle Bürgerinnen und Bürger auf, sich selbst aktiv mit eigenen Petitionen (http://l.duh.de/vljmt) für ein Verbot der umweltbelastenden Böllerei an ihre Gemeinde oder Stadt zu wenden. Neben dem Dieselabgasgift Stickstoffdioxid (NO2) zählen die ultrafeinen Partikel zu den gefährlichsten Luftschadstoffen. Die Europäische Umweltagentur hat Anfang Oktober 2019 eine aktuelle Gesundheitsstudie veröffentlicht und warnt vor 59.600 vorzeitigen Todesfällen in Deutschland durch Feinstaub - pro Jahr. Innerhalb weniger Stunden setzen Feuerwerkskörper zum Jahreswechsel circa 5.000 Tonnen Feinstaub frei, das entspricht 16 Prozent der jährlich im Straßenverkehr entstehenden Feinstaubmenge.

Den von Lärm, Müll, Brandgefahren und vor allem von Luftbelastung betroffenen Städten und Gemeinden stehen bereits jetzt sowohl rechtliche Handlungsmaßnahmen als auch Alternativen zur Verfügung. Das vom Berliner Rechtsanwaltsbüro Geulen & Klinger im Auftrag der DUH erstellte Rechtsgutachten zeigt die Notwendigkeit für klarere Regelung im Bundesimmissionsschutzgesetz bzw. der Sprengstoffverordnung auf. Damit die Städte zukünftig noch einfacher und vor allem umfassend kommunale Böller-Verbote aussprechen können, fordert die DUH Bundesumweltministerin Svenja Schulze zur Änderung des Bundesimmissionsschutzgesetzes, beziehungsweise Änderungen in der ersten Sprengstoffverordnung auf.

Auch gibt es technisch versierte Alternativen wie Licht- oder Lasershows. Andreas Juergens, Lichtkünstler und Showdesigner der Firma ACLS Laser, der zum Jahreswechsel 2018/19 eine Lasershow in Landshut konzipiert und organisiert hat, erklärt: "Es gibt technische Alternativen zum klassischen Feuerwerk wie eine Licht- und Lasershow. Zum vergangenen Jahreswechsel hat Landshut diesbezüglich in Deutschland Pionierarbeit geleistet und das Feedback war überaus positiv. Auch zum Start ins kommende Jahrzehnt soll es dort wieder eine eindrucksvolle Lasershow geben, die sicher jedem Besucher ein ganz besonderes Neujahrserlebnis bieten wird und die nicht jeder wie ein Feuerwerk schon 100 Mal gesehen hat."

In einer ersten Petition auf change.org konnte Andrea Glomba bereits über 100.000 Unterstützer für ihre Forderung gewinnen. Die DUH fordert nun alle Bürger, die in ihrer Stadt oder Gemeinde ein Ende der privaten Schwarzpulver-Böllerei durchsetzen wollen, auf, sich mit eigenen örtlich fokussierten Petitionen an die Bürgermeister oder die Stadtverwaltung zu wenden. "Silvester muss kein gefährliches, umweltbelastendes Fest sein. Gemeinsam mit der Deutschen Umwelthilfe rufe ich deshalb alle Menschen dazu auf, selbst mit einer Petition auf change.org, auf ihre Stadt- und Gemeindeoberhäupter zuzugehen und ein Ende der privaten Böllerei zum Jahreswechsel zu fordern. Gemeinsam können wir der Politik klarmachen: Es wird Zeit für zeitgemäße und sichere Alternativen", meint Andrea Glomba.

Hintergrund:

Gegenüber folgenden 98 Städten stellte die DUH im Juli bzw. im Oktober 2019 einen formalen Antrag auf Erlass eines kommunalen Böllerei-Verbots (in Klammern der Jahresmittelwert für PM10 in Mikrogramm pro Kubikmeter Luft): Aachen (20 µg PM10/Kubikmeter), Aschersleben (23), Augsburg (24), Bayreuth (20), Berlin (29), Bernau (22), Bielefeld (24), Blankenfelde (20), Bottrop (21), Brandenburg (24), Braunschweig (20), Bremen (25), Bremerhaven (22), Brunsbüttel (20), Chemnitz (21), Cottbus (21), Darmstadt (20), Datteln (21), Dortmund (25), Dresden (23), Duisburg (25), Düsseldorf (25), Eberswalde (21), Elsdorf (21), Elsterwerda (20), Erfurt (21), Essen (26), Esslingen (25), Flensburg (20), Frankfurt (Main) (25), Frankfurt (Oder) (26), Fulda (21), Fürth (22), Gelsenkirchen (29), Gera (20), Gießen (22), Gladbeck (23), Göhlen (21), Görlitz (22), Göttingen (23), Grevenbroich (24), Hagen (28), Halberstadt (24), Halle (27), Hamburg (24), Hannover (22), Heilbronn (25) Jackerath (OT der Gemeinde Titz) (22), Jüchen (21), Kassel (23), Kiel (22), Köln (27), Krefeld (24), Leipzig (28), Limburg (24), Ludwigsburg (25), Ludwigshafen (23), Lünen (30), Magdeburg (24), Mainz (24), Mannheim (22), Marburg (20), Markgröningen (25), Mönchengladbach (24), Mühlhausen (24), München (25), Münster (24), Nauen (21), Neuwied (22), Niederzier (25), Nürnberg (26), Oberhausen (25), Offenbach (23), Oldenburg (22), Osnabrück (23), Passau (20), Potsdam (21), Regensburg (20), Reutlingen (23), Rostock (24), Saarbrücken (20), Schwerin (20), Solingen (21), Spremberg (20), Stuttgart (29) Tübingen (23), Warstein (21), Weimar (20), Wesel (20), Wetzlar (20), Witten (20), Wittenberg (22), Wolfsburg (20), Worms (22), Wuppertal (21), Würzburg (22), Zittau (22), Zwickau (20).

Fotos: Pixabay