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Meldepflicht gefordert

"Wir brauchen dringend eine mit EU-Recht konforme Vorratsdatenspeicherung in Deutschland", forderte Rörig. Dieses Instrument sei nötig, um die Spur zu den Tätern nicht zu verlieren.


Nach der Aufdeckung einer weiteren Missbrauchsserie durch nordrhein-westfälische Ermittler mehren sich die Forderungen nach einer Meldepflicht für Netzanbieter bei Kinderpornografie. "Es sollte eine gesetzliche Meldepflicht der Netzanbieter für Missbrauchsabbildungen geben", sagte der Bundesbeauftragte für Fragen sexuellen Kindesmissbrauchs, Johannes-Wilhelm Rörig, der "Rhein-Neckar-Zeitung" vom Dienstag. Auch der Vorsitzende des Bunds deutscher Kriminalbeamter, Sebastian Fiedler, plädierte im ARD-"Morgenmagazin" für eine solche Meldepflicht.

"Wir brauchen dringend eine mit EU-Recht konforme Vorratsdatenspeicherung in Deutschland", forderte Rörig. Dieses Instrument sei nötig, um die Spur zu den Tätern nicht zu verlieren. Der Missbrauchsbeauftragte fügte hinzu, er kämpfe "seit Jahren darum, endlich fünf Millionen Euro für eine bundesweite Aufklärungskampagne zu bekommen".

Auch im ARD-"Morgenmagazin" plädierte Rörig im Kampf gegen Kindesmissbrauch für eine "Aufklärungs- und Sensibilisierungskampagne in Deutschland". "Wir müssen diesen perfiden Tätern das Handwerk legen." Die Polizei müsse personell und technisch so ausgestattet sein, dass sie Kindesmissbrauch durch technisch hochgerüstete Täter wirksam bekämpfen könne. Kinderschänderringe arbeiteten unterdessen "wie Geheimdienste", sagte Rörig.

Fiedler verwies im ARD-"Morgenmagazin" darauf, dass es im Bereich Kindesmissbrauch und Kinderpornografie ein "riesengroßes, monströses Dunkelfeld" gebe. Es sei von mehr als hundert solcher Straftaten pro Tag in Deutschland auszugehen.

Für eine Vorratsdatenspeicherung plädierte auch der CSU-Innen- und Rechtsexperte Volker Ullrich. "Wir müssen diesen Sumpf mit allen Mitteln trockenlegen und dafür brauchen wir gerade auch die Vorratsdatenspeicherung", erklärte der Bundestagsabgeordnete. "Wir müssen das zum Thema unserer EU-Ratspräsidentschaft machen und für Rechtssicherheit in Deutschland und Europa sorgen."

Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) forderte derweil eine Verdopplung der Strafen für Missbrauchsdelikte. Solche Taten seien "doch nicht so was wie ein Ladendiebstahl - wo kommen wir denn da hin?", sagte Reul im RTL-Frühmagazin "Guten Morgen Deutschland". "Das bedeutet, dass man zum Beispiel bei den Höchststrafen eine Verdopplung erreichen muss."

Am Donnerstag und Freitag waren in mehreren Bundesländern wegen schweren Kindesmissbrauchs insgesamt elf Tatverdächtige festgenommen worden. Vorausgegangen waren Durchsuchungen in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Hessen und Brandenburg.

Haupttäter soll ein 27-jähriger IT-Spezialist aus Münster sein. Bislang sprechen die Ermittlern von mindestens drei Opfern. Nach den Missbrauchsfällen von Lügde und Bergisch Gladbach handelt es sich um das dritte Netzwerk mutmaßlicher Pädokrimineller, dem NRW-Ermittler seit Januar 2019 auf die Spur kamen.

Verglichen mit den Missbrauchskomplexen Lügde und Bergisch Gladbach markiert der Fall Münster nach Einschätzung des Leiters der NRW-Stabsstelle gegen Kindesmissbrauch, Ingo Wünsch, eine neue Stufe krimineller Energie. Unter anderem die technischen Fähigkeiten des Haupttäters in Münster, die in dem Fall praktizierte Datenverschlüsselung sowie die "Planung und die Professionalität des Ablaufs" hätten eine "deutlich neue Qualität", sagte Wünsch der "Rheinischen Post".

"Und wir sind noch lange nicht am Ende dessen, was vorstellbar ist, davon bin ich leider überzeugt", betonte Wünsch. "Im Fall Münster rechne ich daher weiter mit dem Unvorstellbaren." Alle drei Fallkomplexe seien monströs und zeigten ein Verhalten von Menschen, das "unmenschlich und für den Normaldenkenden unvorstellbar" sei.

rh/cfm

© Agence France-Presse

Photo von Max Kleinen auf Unsplash