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Merkel gibt Trump einen Korb

Merkel reist "Stand heute" nicht zu G7-Gipfel nach Washington


Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wird nach derzeitigem Stand der Einladung von US-Präsident Donald Trump zu einer persönlichen Teilnahme am G7-Gipfel nicht folgen. Wegen der Corona-Pandemie könne die Kanzlerin eine Reise Ende Juni nach Washington nicht zusagen, teilte am Samstag ein Regierungssprecher in Berlin mit. Merkel ist damit die erste der G7-Staats- und Regierungschefs, die Trump einen Korb gibt.

Merkel habe Trump für die Einladung gedankt, erklärte der Sprecher der Bundesregierung am Samstag nach einem Telefonat der Kanzlerin mit dem US-Präsidenten. "Stand heute kann sie in Anbetracht der Pandemie-Gesamtlage ihre persönliche Teilnahme, also eine Reise nach Washington, nicht zusagen." Merkel werde die Entwicklung der Corona-Pandemie aber "weiter im Blick habe", fügte der Sprecher hinzu. Zuerst hatte das US-Portal "Politico" am Freitag über Merkels Verzicht auf eine persönliche Gipfelteilnahme berichtet.

Das Weiße Haus hatte im März erklärt, wegen der Corona-Pandemie könne der für Juni geplante G7-Gipfel nicht in Trumps Landsitz Camp David abgehalten werden, sondern müsse durch eine Videokonferenz der Staats- und Regierungschefs der sieben wichtigsten Industriestaaten ersetzt werden. Vor gut einer Woche erklärte Trump dann jedoch überraschend, da sein Land sich bereits von der Pandemie erhole, könne das Gipfeltreffen doch stattfinden. Zunächst nannte er Camp David als Gipfelort, dann erklärte er, das Treffen solle "in erster Linie" im Weißen Haus in Washington stattfinden.

Ein Gipfel mit persönlicher Teilnahme der Staats- und Regierungschefs wäre "ein großartiges Zeichen der Normalisierung aller", erklärte Trump. Merkel und andere G7-Staats- und Regierungschefs reagierten auf diese Aussagen allerdings zurückhaltend.

Die USA sind das am schwersten von der Corona-Pandemie betroffene Land weltweit. Dort wurden bereits mehr als 1,7 Millionen Infektionen nachgewiesen, mehr als 102.000 Infizierte starben. Trump wird vorgeworfen, das neuartige Coronavirus unterschätzt und unzureichend reagiert zu haben. Anlässlich seiner Gipfeleinladung schrieb Trump aber auf Twitter, das persönliche Treffen sei jetzt, "wo unser Land 'zur Großartigkeit zurückkehrt'", doch möglich.

Der G7 gehören außer den USA und Deutschland auch Frankreich, Italien, Großbritannien, Kanada und Japan an. Die alljährlichen Gipfel richten die Mitgliedsländer abwechselnd aus.

Merkel ist 65 Jahre alt, Trump 73 und der japanische Regierungschef Shinzo Abe 65. Statistisch gesehen gehören alle drei damit zur Corona-Risikogruppe. Der 55-jährige Premierminister Boris Johnson hat bereits eine Infektion mit dem neuartigen Coronavirus hinter sich und musste deswegen mehrere Tage auf der Intensivstation behandelt werden.

Das Weiße Haus hatte am Freitag mitgeteilt, Johnson sei sich in einem Gespräch mit Trump einig gewesen über "die Wichtigkeit, die G7 in naher Zukunft persönlich zusammenzubringen".

Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron hatte vergangene Woche erklärt, dass er zur persönlichen Teilnahme an einem G7-Gipfel in Camp David bereit sei, "wenn die gesundheitlichen Bedingungen es zulassen". Ein Sprecher von EU-Ratspräsident Charles Michel wählte die selben Worte. Kanadas Premierminister Justin Trudeau erklärte unmittelbar nach Trumps Vorstoß, wichtig sei zu prüfen, "welche Maßnahmen umgesetzt" würden und was Experten empfehlen.

yb/jes

© Agence France-Presse