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App ein freiwilliger Akt?

Politiker von Grünen und Linken fordern eine gesetzliche Grundlage für die geplante Corona-Warn-App der Bundesregierung.


Ein solches Gesetz solle einen Missbrauch der App ausschließen, ihren Einsatz befristen und so ihre Akzeptanz in der Bevölkerung erhöhen, sagte der Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz dem "Spiegel". Die Bundesregierung hält ein Gesetz allerdings für unnötig: Sie verwies am Freitag darauf, dass eine Nutzung der App auf Freiwilligkeit beruhe und die geltende Datenschutzregeln beachtet würden.

Regierungssprecher Steffen Seibert sagte in Berlin, die Nutzung einer solchen App sei "ein freiwilliger Akt jedes Einzelnen, für den es aus unserer Überzeugung gute Gründe gibt ". Die App werde lediglich "den Einzelnen in einer vollkommen pseudonymisierten Weise - also unter absoluter Beachtung des Datenschutzes - informieren, wenn er einen Kontakt mit einem infizierten Menschen hatte".

Von Notz kritisierte die Haltung der Bundesregierung: Diese überzeuge ihn "überhaupt nicht", sagte er dem "Spiegel". In der Frage einer gesetzlichen Grundlage für die App gehe es auch darum, "massiv verloren gegangenes Vertrauen" wiederherzustellen. "Die Bundesregierung muss wie bisher schon bei etlichen anderen Fragen rund um die App umschwenken, sonst gefährdet sie deren Erfolg."

Die Linken-Netzpolitikerin Anke Domscheit-Berg bezeichnete es gegenüber dem "Spiegel" als "Unding, dass die Regierung bei solch einem zentralen Projekt das Parlament außen vor lassen will". Jede Zweckentfremdung durch staatliche Stellen oder Dritte müsse gesetzlich ausgeschlossen werden, sagte sie dem "Spiegel". "Und der Einsatz der App muss für die Dauer der Pandemie hart befristet werden."

Die Corona-Warn-App soll Mitte Juni fertig sein. Sie wird im Auftrag der Bundesregierung von der Deutschen Telekom und SAP programmiert. 

Eine gesetzliche Grundlage hatte am Freitag auch die Caritas verlangt. Deren Präsident Peter Neher argumentierte nicht nur mit dem Datenschutz, sondern mit arbeitsrechtlichen Bedenken: Zu klären seien arbeitsrechtliche Fragen, Fragen des Quarantäne-Anspruchs und der Lohnfortzahlung, wenn Beschäftigte in Folge einer Warnung durch die Corona-App in Quarantäne müssten und nicht mehr arbeiten könnten. Hier bräuchten die 650.000 Mitarbeitenden der Caritas Klarheit.

Regierungssprecher Seibert versuchte diese Bedenken zu entkräften. "Wenn es zu Verhängungen von Quarantäne kommt, dann wird das nicht von der App verhängt, sondern wie bisher vom Gesundheitsdienst", sagte er. Dafür reichten die bestehenden gesetzlichen Regelungen aus.

Die geplante App-Anwendung für Mobilgeräte soll mit Hilfe der Bluetooth-Technologie aufzeichnen, wann und wie lange sich jemand in der Nähe einer anderen Person aufgehalten hat, die an ihrem Smartphone ebenfalls diese Funktion eingeschaltet hat. Infiziert sich jemand mit dem neuartigen Coronavirus, kann er über die App anonym diejenigen informieren, die sich durch ihre Nähe zu ihm angesteckt haben könnten. Sie sollen sich dann in Quarantäne begeben.

Am Freitag wollte Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) mit Vertretern von Verbänden über die App-Pläne der Bundesregierung beraten. Für die "breite Akzeptanz" einer solchen App sei es "ganz wichtig", nun "Interessenbekundungen" von Institutionen und Organisationen einzuholen, sagte Seibert dazu.

pw/cha

© Agence France-Presse