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Chinas Eroberungsstrategie des 21. Jahrhunderts

Offensive Weltpolitik und die Konsequenz für Europa

Chinas Eroberungsstrategie des 21. Jahrhunderts

Die Zeichen dafür sind seit längerem nicht mehr zu übersehen: China verbirgt hinter seinen offiziellen Parolen des Friedens und des pazifistischen Selbstbildes eine knallharte Politik der Expansion und Eroberung. Es ist eine Kriegsführung mit anderen Mitteln. Sei es außenpolitisch, innenpolitisch oder wirtschaftspolitisch. Da das chinesische System ein letztlich diktatorisches ist, lässt es sich die Zustimmung seiner Bevölkerung zu lückenloser Überwachung und Verfolgung der anders Denkenden durch ökonomischen Wohlstand erkaufen. Dies ist aus westlicher Sicht inakzeptabel, muss aber auf dem Hintergrund einer langen chinesischen Geschichte gesehen werden, die schon immer gänzlich anders als die der westlich-demokratischen Staaten war. Die naive Vorstellung, China könnte durch das beim Ostblock erprobte Mittel eines Wandels durch Handel in eine andere Richtung gelenkt werden, muss endgültig revidiert werden.

Außenpolitik und Seidenstraße

Hongkong

Beginnen wir mit Beispielen der Außenpolitik, die - wie alles hier in diesem Beitrag - nur angerissen werden können. Hongkong ist das Fanal, das man durchaus zur Außenpolitik zählen kann: der Status des „ein Land, zwei Systeme“ nach der Übergabe der Kronkolonie durch Großbritannien an China war von Beginn an keine ernsthafte Absicht der chinesischen Machthaber. In den letzten Jahren, bis zum heutigen Tage, zeigt sich das unübersehbar. Die chinesische Regierung versucht mit allen Mitteln, legislativ oder durch pure Einschüchterung der Bevölkerung, Hongkong auf Linie zu bringen. Die Protestbewegung wird systematisch u.a. durch Verhaftungen geschwächt. Dem Westen bleiben dabei immer nur hilflose Statements des Protests.

Afrika

China hat seit Jahren seine Investitionen und Entwicklungshilfeprojekte in afrikanischen Staaten intensiviert. Dabei gilt „Klotzen statt Kleckern“ und man kann getrost von dem Versuch sprechen, die vergangene und unselige europäische Tradition der Kolonialisierung Afrikas mit den Mitteln des 21. Jahrhunderts neu aufzulegen. Man darf vermuten, dass dies auch eine Reaktion Chinas auf seine eigene Kolonialisierung durch Großbritannien und andere europäische Mächte im 18. und 19. Jahrhundert ist.

Vor allem Äthiopien hat hier die Rolle eines Vorzeigemodells und ist Chinas  zweitgrößter afrikanischer Kreditnehmer. Chinas Investitionen in Afrika sind dabei nur als Teil seiner Seidenstraßen-Strategie zu sehen. Kritiker sehen  in dem afrikanischen Engagement Chinas letztlich nur das Interesse an der Ausbeutung dortiger Rohstoffe. In Staaten wie Nigeria und Angola wird von China viel Geld investiert, also in Staaten mit großen Ölreserven, oder in Sambia, einem Staat mit Kupfervorräten. Auch Infrastrukturprojekte wie etwa die Straßenbahn in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba sind ein Beispiel solcher Aktivitäten: seit 2015 ist die erhöht gebaute, 34 Kilometer lange Tramlinie in Betrieb und wurde überwiegend mit chinesischen Krediten gebaut. In all diesen Investitionsprojekten lauert eine nachhaltige Abhängigkeit dieser afrikanischen Staaten von China. Und die ist gewollt. So hat China an Äthiopien - Stand 2019 - bisher etwa zwölf Milliarden Euro geliehen.

Das geplante Handelsnetzwerk, die Belt-and-Road-Initiative, wie die Neue Seidenstraße offiziell heißt, soll China mit mehr als 60 Staaten in Asien, Europa und Afrika verbinden. Dazu wird in Schienenwege, Häfen und Straßen investiert. Das langfristige Investitionsvolumen liegt bei etwa 800 Milliarden Euro. Diese Dimensionen machen deutlich, dass China klare machtstrategische Interessen verfolgt und sie als Entwicklungshilfe oder Außenhandel deklariert. Wäre China ein demokratischer Staat, wäre das alles nicht so gefährlich. Gefährlich wird es dadurch, dass China zunehmend versucht, den Rest der Welt unter seine Kontrolle zu bekommen. Man muss es so deutlich sagen.

Australien

Australiens konservative Regierung forderte im April, eine internationale Untersuchung zum chinesischen Krisenmanagement in der Corona-Pandemie einzusetzen. Für China ein heikles Thema. Denn bis heute weiß niemand, wie genau das Coronavirus von Tieren zum Menschen gelangte.  Sei es tatsächlich von dem inzwischen traurig bekannten Markt in Wuhan oder aus einem chinesischen Labor. Chinas Führung reagierte prompt: es stoppte die Einfuhr australischen Rindfleischs. Nicht genug drohte Chinas Botschafter, die australischen Universitäten zu boykottieren. Man muss dabei wissen, dass zehntausende Chinesen zurzeit in Australien studieren. Ihre Studiengebühren sind wichtig für australische Universitäten. Überdies drohte China, Reisen chinesischer Touristen nach Australien zu beschränken. Ergebnis: auf der Jahrestagung der zuständigen Weltgesundheitsorganisation (WHO) wurde Australiens Vorschlag zu einer unabhängigen Untersuchung erst gar nicht zur Abstimmung gebracht. Stattdessen wurde ein geschwächtes Papier verabschiedet, in dem die WHO sich nur verpflichtet, die „Quelle der Infektion zu identifizieren“. Australiens Regierung kuschte.

Chinas Innenpolitik am Beispiel des Corona-Managements

Bis heute gibt es keine aktive und transparente Zusammenarbeit der chinesischen Regierung mit anderen Ländern zur Aufklärung des Ausbruchs der Pandemie im eigenen Land. Zu Anfang wurde vertuscht und verharmlost. Wer wagte, die drohende Gefahr anzuprangern, wurde mundtot gemacht. Der chinesische Arzt Li Wenliang aus Wuhan, der frühzeitig vor dem Virus warnte, wurde von Behörden versucht zum Schweigen zu bringen. Im Februar dieses Jahres wurde Li positiv auf Corona getestet und starb nicht lange danach. Nachdem er zuerst ein ärgerlicher Querulant für die Regierung war, wurde er danach zum Helden stilisiert. Ähnlich verfährt die Regierung jetzt: Chinas Führer Xi Jinping inszeniert sich aktuell als Retter Chinas - nachdem er zu Anfang der Pandemie völlig abgetaucht war und das Land selbst der Auslöser der weltweiten Krise ist.

Fazit für Europa

Vor allem Europa und die EU müssen sich stärker vernetzen und unabhängiger von China werden. Das gilt umso mehr im Gefolge der wirtschaftlichen Schwächung Europas durch die Pandemie. Verstrickt sich die EU die nächste Zeit in endlose Debatten über die von Frankreich, Deutschland und der EU-Kommission angekündigten Hilfe- und Aufbaugelder, wird China der lachende Dritte sein. Die europäischen Nationen werden als Einzelakteure auf Dauer keine gesicherte Zukunft mehr haben, inklusive Deutschland. Die Vernetzung Europas hat auf allen wichtigen Sektoren zu geschehen: in der Wirtschaft, in Forschung und Entwicklung und in der Politik, hier vor allem der Ausgestaltung der EU.  Gezielt müssen eigene europäische Technologieprojekte gefördert werden und China muss aus der 5 G-Struktur, den neuen Mobilfunkstandard, in Europa soweit es geht herausgehalten werden.

Auch, was Russland angeht, ist eine pragmatische Haltung anzumahnen. Der russische Staatspräsident Putin ist sicher alles andere als „ein lupenreiner Demokrat“, wie Gerhard Schröder ihn einst in seiner Gazprom benebelten Sicht bezeichnete. Dennoch muss Europa einen Weg finden, wieder ein besseres Verhältnis zu Russland herzustellen, das immer noch ein wichtiger Teil des europäischen Kontinents und der europäischen Geschichte ist.

Dr. Bernd Rasche