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Weltpremiere Light Out of Darkness: The Photography of Fred Stein

Beziehungen zwischen den USA und Europa als Fokusthema der HANNAH ARENDT TAGE 2019

Unter dem Titel „beziehungsweise transatlantisch: Zum Verhältnis USA – Europa“ finden die diesjährigen HANNAH ARENDT TAGE vom 22. bis 27. Oktober 2019 statt. Die „America First-Politik“ und die Absage des Multilateralismus durch die derzeitige US-Administration sind Anlass für das Kuratorium der HANNAH ARENDT TAGE aus verschiedenen Perspektiven und in unterschiedlichen Formaten auf das Thema zu blicken. Kooperationspartner*innen sind die VolkswagenStiftung und die Leibniz Universität Hannover, Institut für Politikwissenschaft. Weitere Partner*innen in diesem Jahr sind das Sprengel Museum, das Literaturhaus, das Theater im Pavillon und die theaterwerkstatt Hannover, das Agora Theater aus Belgien, die Helene-Lange-Schule, nordmedia und Medea Film Factory.

Im Rahmen eines Pressegesprächs stellte die Erste Stadträtin und Wirtschafts-und Umweltdezernentin, zurzeit Vorsitzende des Kuratoriums, Sabine Tegtmeyer-Dette heute (21. Oktober 2019) das Programm der Veranstaltungsreihe vor.

„Hannover und die USA verbindet eine besondere Beziehung: Es waren amerikanische Soldaten, die unsere Stadt am 10. April 1945 von dem braunen Terror befreit haben. Es waren Amerikaner, die an demselben Tag die Tore des Konzentrationslagers Hannover-Ahlem öffneten, unter ihnen der spätere US-Außenminister Henry Kissinger. Auch der schnelle Wiederaufbau von Hannover wäre ohne die Vereinigten Staaten von Amerika nicht möglich gewesen. Die USA waren ein Vorbild für uns, wie Einwanderung und Integration von Menschen mit unterschiedlichen Erfahrungen und Kulturen zu einer kreativen und wirtschaftlichen Kraft verbunden werden können. Auch Hannah Arendt und Fred Stein fanden in den USA - nach Verfolgung und Flucht in Europa - eine neue Heimat. Zurzeit unterliegen die transatlantischen Beziehungen einem dauerhaften Stresstest. Die HANNAH ARENDT TAGE schauen daher auf die historische, aber auch die gegenwärtige Verbundenheit Europas und der USA. Schließlich begleiten sie kritisch Fragen nach der zukünftigen Balance zwischen der Position „America First“ und einer europäischen Antwort auf diese Haltung“, sagte Sabine Tegtmeyer-Dette im Rahmen des Pressegesprächs.

Hannah Arendts Sichtweise auf die USA war durch ihre eigenen biographischen Erfahrungen als Verfolgte des NS-Regimes und Emigrantin geprägt. Der Auftakt der HANNAH ARENDT TAGE widmet sich daher der transatlantischen Migration im Rahmen der Ausstellung des Sprengel Museums Hannover „Fred Stein – Dresden- Paris –New York“. Stein, der in Dresden geboren wurde, war mit Hannah Arendt befreundet und teilte mit ihr die Erfahrungen von Flucht, Exil und Staatenlosigkeit. Die Rolle des Fotografen als gesellschaftlicher Akteur beleuchtet ein Vortrag im Rahmen der Ausstellung und fragt nach der Politik des Porträts (27. Oktober, Sprengel Museum).

Im Verlauf der HANNAH ARENDT TAGE stehen in weiteren Veranstaltungsformaten unterschiedliche Perspektiven der transatlantischen Beziehungen im Blickpunkt.

Dabei gehört die Weltpremiere des Dokumentarfilms „Light Out of Darkness: The Photography of Fred Stein“ von dessen Sohn Peter Stein, einem erfolgreichen Kameramann aus den USA, sicherlich zu den Höhepunkten der diesjährigen HANNAH ARENDT TAGE (25. Oktober, Sprengel Museum Hannover).

Mit der Hannah-Arendt-Lecture (24. Oktober, Leibniz Universität Hannover) steht das Werk Arendts im Mittelpunkt. Die Lecture greift die politikphilosophische Perspektive auf und untersucht die Transnationalität in den Schriften der Politiktheoretikerin.

Eine literarische Reflexion der gegenwärtigen transatlantischen Kulturbeziehungen vermittelt Georg-Büchner-Preisträgerin Felicitas Hoppe mit ihrem Buch „Prawda. Eine amerikanische Reise“ (23. Oktober, Literaturhaus Hannover e.V.).

In der Reihe „Dialog“ beleuchten der Politikwissenschaftler Prof. Dr. Claus Leggewie und der ehemalige US-Diplomat Prof. James D. Bindenagel die politische Perspektive und die Zukunft der transatlantischen Beziehungen (26. Oktober, Tagungszentrum Schloss Herrenhausen). Folgende Fragen stehen hier im Fokus: Auf welche Weise kann Europa die transatlantische Partnerschaft neugestalten, wenn die USA sich aus Europa zurückziehen? Kann nur ein starkes Europa die westliche Wertegemeinschaft wiederherstellen und die deutsch-amerikanische Krise überwinden?

Seit fünf Jahren wenden sich die HANNAH ARENDT TAGE mit zeitgemäßen Formaten auch an ein jüngeres Publikum. Erstmalig bieten die HANNAH ARENDT TAGE ein Theaterstück vor allem für Schüler*innen (Klasse 6 bis 10) im Rahmen einer Kooperation mit dem Theater im Pavillon und der theaterwerkstatt an: „Hannah Arendt auf der Bühne“ ist eine Produktion von AGORA – Das Theater der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens, St. Vith. Die Inszenierung bringt die Welt des Theaters mit dem Leben und Denken Hannah Arendts zusammen (24. und 25. Oktober, Theater im Pavillon).

Im Rahmen ihres Engagements des „Hannah-Arendt-Schüler*innen-Lehrstuhls“ haben sich 30 Schüler*innen der Helene-Lange-Schule mit dem Thema „Das andere Amerika“ auseinandergesetzt. Ihre Ergebnisse, die auch geprägt sind durch einen Austauch-Besuch in den USA, präsentieren sie in Ausstellungsstationen auf ipads.  (24. Oktober, Helene-Lange-Schule).

Die seit 1998 stattfindenden Hannah-Arendt-Tage erinnern Hannover an die 1906 in Linden geborene, bedeutende Tochter der Landeshauptstadt. Seitdem findet die Veranstaltungsreihe jährlich um den Geburtstag (14. Oktober 1906) der großen, deutsch-amerikanisch-jüdischen Politiktheoretikerin statt. Ein Kuratorium mit Mitgliedern aus Wissenschaft, Politik, Kunst, Stiftungen und Verwaltung wählt jährlich ein aktuelles Thema aus und stellt es einem breiten Publikum zur Diskussion.

Statements:

Dr. Wilhelm Krull, Generalsekretär der VolkswagenStiftung:

„Von den transatlantischen Beziehungen hängt viel ab, wirtschaftliche Entwicklung, Sicherheit und wissenschaftlicher Austausch. Doch die Präsidentschaft von Donald Trump wird von Handelskriegen, einer widersprüchlichen Haltung zu Bündnisverpflichtungen und einem offensiven Leugnen von Faken bestimmt. Doch die USA sind vielschichtiger als ihr Präsident. Das zeigen auch die diesjährigen Hannah-Arendt-Tage, an deren Schlusspunkt ein Dialog zwischen Wissenschaft und Politik steht. Ich bin zuversichtlich, dass aus dieser Begegnung gute Ideen für die Neugestaltung der deutsch-amerikanischen Beziehungen hervorgehen werden.“

Peter Stein, Sohn von Fred Stein, Kameramann aus New York

One of my goals with reference to the exhibition is to show the depth and creative imagination that Fred Stein evokes through his photographs. This film is the culmination of my efforts to bring my father’s work before the public again after so many years. Although I was a cinematographer in Hollywood and New York for over thirty five years, and a Professor of Cinematography at New York University for almost fifteen years, this is my first time directing and producing any project myself. The film uses my father’s and mother’s own words from letters and audio interview to help tell the story. The exceptional stock footage we found also helps to set the stage for the remarkable times my parents lived through. We are very proud that it will be shown together with this exceptional exhibition.

Deutsche Übersetzung:

Eines meiner Ziele im Rahmen der Ausstellung ist es, die Tiefe und kreative Vorstellungskraft zu zeigen, die Fred Stein mit seinen Fotografien hervorruft. Der Film ist der Höhepunkt meiner Bemühungen, das Werk meines Vaters nach so vielen Jahren einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Obwohl ich seit mehr als 35 Jahren als Kameramann in Hollywood und seit fast 15 Jahren als Professor für Kinematographie an der New York Universität arbeite, ist dies mein Regie- und Produktionsdebüt. Der Film enthält Originalzitate meines Vaters und meiner Mutter aus Briefen und Audio Interviews, die ihre erlebte Geschichte veranschaulichen. Das außergewöhnliche Archivmaterial, das wir entdeckten, bildet die besonderen Zeiten, die meine Eltern durchlebten, sehr eindrücklich ab. Wir sind sehr stolz darauf, dass der Film zusammen mit dieser außergewöhnlichen Ausstellung gezeigt wird.

Dr. Carina Plath, stellvertretende Leiterin des Sprengel Museums Hannover:

„Mit der Ausstellung der Werke von Fred Stein als Auftakt der Hannah Arendt Tage werden zwei Persönlichkeiten zusammengeführt, die das Schicksals des Exils in eine Position der Stärke zu verwandeln wussten. In dem Wechsel der Kulturen konnten sie eine kritische Distanz zu der historischen Entwicklung finden, die sie als aufmerksam Beobachtende begleiteten. Wie viele in der Sammlung des Sprengel Museum Hannover vertretene Künstler*innen hinterlassen sie ein Werk, das auch zu unserer heutigen Situation spricht.“

Foto: Pexels.com