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Grundrechte-Demos

"Wenn radikale Extremisten und Antisemiten Demonstrationen benutzen, um zu hetzen und zu spalten, dann sollte jeder deutlich mehr als nur eineinhalb Meter Abstand halten", sagte Bundesaußenminister Heiko Maas


Führende Regierungsmitglieder haben vor einer Vereinnahmung der Grundrechte-Demonstrationen in der Corona-Krise durch Extremisten gewarnt. "Wenn radikale Extremisten und Antisemiten Demonstrationen benutzen, um zu hetzen und zu spalten, dann sollte jeder deutlich mehr als nur eineinhalb Meter Abstand halten", sagte Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) der "Welt" (Freitagsausgabe). Auch Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) mahnte zu Achtsamkeit, "dass Extremisten hier nicht Oberwasser bekommen."

Seit einigen Wochen wird vielerorts in Deutschland gegen die Beschränkungen in der Corona-Pandemie demonstriert. Bei den Kundgebungen treten immer wieder Extremisten und auch Verschwörungstheoretiker in Erscheinung.

Maas mahnte, von Rechtsradikalen solle sich niemand instrumentalisieren lassen. "Wer ohne Maske, ohne Mindestabstand und ohne jede Rücksicht auf andere Verschwörungstheorien in die Welt schreit, der verwechselt Mut mit blinder Wut und Freiheit mit blankem Egoismus."

Seehofer sagte in Berlin, die Unterwanderung der Demonstrationen bereite ihm große Sorge. Es gebe Aufrufe, dass die Anti-Corona-Maßnahmen zu einer "Revolution" oder der Errichtung einer "neuen Republik" genutzt werden sollten. "Das muss man sehr ernst nehmen." Der Innenmister verwies zugleich darauf, dass das Recht auf Demonstrationen auch in Corona-Zeiten gewährleistet sein müsse und demokratische Bürger protestieren dürften. 

Sachsens Ministerpräsident  Michael Kretschmer (CDU) sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe zu den Demonstrationen: "Diese Leute nicht ernst nehmen, wäre falsch." Eine ernsthafte Auseinandersetzung sei "zwingende Voraussetzung dafür, dass dieses Land sich nicht weiter spaltet". "Wenn jeder, der eine kritische Position hat, sofort in eine Ecke gedrängt und als Gesprächspartner ausgeschlossen wird, wird die Zahl der Demonstranten zunehmen."

SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil rief Demonstrationsteilnehmer zur Distanzierung von "Hetzern" auf. "Neben Holocaust-Leugnern, Reichsbürgern, Nazis und AfD-Politikern, die nur das Ziel haben, zu hetzen und diese Gesellschaft zu destabilisieren, sollte man sich nicht auf einer Demonstration einreihen", sagte er der "Passauer Neuen Presse" vom Donnerstag. "Wir müssen aufpassen, dass die Spalter und Hetzer nicht zu viel Aufmerksamkeit bekommen."

Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, kritisierte das Tragen von nachgebildeten Judensternen auf solchen Demonstrationen scharf. "Das ist absolut nicht hinnehmbar und sollte gegebenenfalls auch strafrechtlich verfolgt werden", sagte er der "Rheinischen Post". Es werde die Shoah relativiert, indem etwa die Maskenpflicht mit dem Tragen des Judensterns im Nationalsozialismus verglichen werde.

Die Grünen forderten den Bund auf, die Unterwanderung der Proteste durch Extremisten genauer unter die Lupe zu nehmen. "Die Sicherheitsbehörden wissen nach wie vor viel zu wenig über die Akteure, die sich nicht nur Woche für Woche auf der Straße versammeln, sondern auch online ihre verschwörungsideologischen und oft antisemitischen Thesen verbreiten", sagte die Grünen-Innenexpertin Irene Mihalic der Nachrichtenagentur AFP.

rh/cne

© Agence France-Presse