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Fleischindustrie reformunwillig und krank

"Wir haben über die Situation in der Fleischindustrie erschreckende Nachrichten bekommen", sagte Merkel am Mittwoch während der Regierungsbefragung im Bundestag.


Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich erschüttert über die Verhältnisse in der Fleischindustrie gezeigt. "Wir haben über die Situation in der Fleischindustrie erschreckende Nachrichten bekommen", sagte sie am Mittwoch während der Regierungsbefragung im Bundestag. "Ich kann sagen, dass auch ich nicht zufrieden bin mit dem, was wir dort jetzt gesehen haben."

Die Bundesregierung beabsichtige, "notwendige Änderungen" für diesen Bereich zu beschließen. Am kommenden Montag werde Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) "ein Konzept vorlegen", kündigte Merkel an. "Gerade bei Unterbringung gibt es erhebliche Mängel."

Die Fleischindustrie war zuletzt wegen einer Häufung von Corona-Infektionen in der Belegschaft mehrerer Schlachthöfe in die Schlagzeilen geraten. Im Fokus stehen dabei die Gemeinschaftsunterkünfte der oft aus Osteuropa stammenden Werkvertragsmitarbeiter.

Der Verband der Fleischwirtschaft (VDF) erklärte sich am Mittwoch "offen für Verbesserungen". Der VDF habe Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner und Gesundheitsminister Jens Spahn (beide CDU) sowie Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) um ein gemeinsames Treffen gebeten. "Wenn konkrete Ansatzpunkte ausgemacht werden, sind wir offen für Verbesserungen." Der Verband kritisierte zugleich "faktenfreie Vorwürfe" einzelner Politiker und Gewerkschaftsvertreter, "die sich pauschal gegen die gesamte Fleischwirtschaft richten".

Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) sieht schon seit langem Verbesserungsbedarf. "Die Fleischindustrie ist erwiesenermaßen reformunwillig und von Grund auf krank", erklärte der stellvertretende Vorsitzende Freddy Adjan. Insbesondere "die Zustände in den Massenunterkünften gehören endlich scharf kontrolliert", forderte er. Die NGG sprach von "beschämenden und menschenverachtenden" Bedingungen.

Eine erste "Therapiemaßnahme" sei das Verbot von Werkverträgen, eine zweite seien Schwerpunktstaatsanwaltschaften für Arbeits- und Gesundheitsschutz, forderte Adjan. In einem Brief an die Bundesministerien für Arbeit, Landwirtschaft und Wirtschaft sowie die Bundestagsfraktionen forderte die Gewerkschaft auch, dass "unverzüglich und ausnahmslos alle Beschäftigten der Schlacht- und Zerlegeindustrie auf eine Corona-Infektion getestet werden". 

cne/dwo/ilo

© Agence France-Presse