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Justiz gegen Bolsonaro

Ex-Minister Moro hat Bolsonaro beschuldigt, Einfluss auf die Ermittlungsarbeit der Bundespolizei nehmen zu wollen - was Moro als Angriff auf die Unabhängigkeit der Behörde wertete.


Der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro gerät zunehmend in das Visier der Justiz. Ein Richter am Obersten Gericht des Landes wies am Montag die Bundespolizei an, von dem zurückgetretenen Justizminister Sergio Moro erhobene Anschuldigungen gegen den Staatschef zu untersuchen, wie aus einem von der Nachrichtenagentur AFP erlangten Gerichtsdokument hervorgeht. 

Moro hatte Bolsonaro beschuldigt, Einfluss auf die Ermittlungsarbeit der Bundespolizei nehmen zu wollen - was Moro als Angriff auf die Unabhängigkeit der Behörde wertete.

Der oberste Richter Celso de Mello gab der Bundespolizei nun 60 Tage Zeit, um den früheren Anti-Korruptionsrichter zu den von ihm erhobenen Vorwürfen zu befragen. Die Untersuchung könnte potenziell in ein Amtsenthebungsverfahren gegen Bolsonaro münden - oder in eine Anklage gegen Moro wegen Falschaussage.

In der vergangenen Woche hatte bereits ein anderer Richter am Obersten Gericht dafür plädiert, mögliche Rechtsverstöße bei einer Demonstration gegen die geltenden Corona-Restriktionen zu untersuchen, an der Bolsonaro teilgenommen hatte. Richter Alexandre de Moraes bezeichnete die Vorgänge bei der Demonstration als "sehr schwerwiegend". Der Protest habe sich gegen den "demokratischen brasilianischen Rechtsstaat" und dessen Institutionen gerichtet. 

Unterstützer des ultrarechten Staatschefs hatten bei der Demonstration eine Militärintervention wegen der von Gouverneuren brasilianischer Bundesstaaten verhängten Corona-Maßnahmen sowie die Schließung des Parlaments verlangt. Bolsonaro war in seiner Rede allerdings auf diese Forderungen nicht eingegangen.

Bolsonaros Regierung war zuletzt nicht nur durch den Abgang Moros, sondern auch den Rauswurf von Gesundheitsminister Luiz Henrique Mandetta in Turbulenzen geraten. Mit Mandetta hatte der Präsident wegen des Umgangs mit der Corona-Krise über Kreuz gelegen. Während Bolsonaro die Pandemie als "kleine Grippe" bezeichnete, befürwortete Mandetta ein aggressives Vorgehen gegen das Virus.

Auslöser für den späteren Rücktritt Moros war dann die von Bolsonaro angeordnete Entlassung von Bundespolizeichef Mauricio Valeixo, eines Vertrauten des Justizministers. Moro bezeichnete die Entlassung Valeixos als politische Einflussnahme, welche die Glaubwürdigkeit der Regierung erschüttere.

Moro war eine Schlüsselfigur in Bolsonaros Kabinett und genießt - ebenso wie Ex-Gesundheitsminister Mandetta - große Popularität. Als Richter hatte Moro 2017 den ehemaligen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva wegen einer Korruptionsaffäre zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt. 

dja/jep

Jordi MIRO / © Agence France-Presse