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Drohende Fahrverbote: Verkehrsminister Wissing löst hitzige Klimaschutzdebatte aus

Drohende Fahrverbote: Verkehrsminister Wissing löst hitzige Klimaschutzdebatte aus

Bundesverkehrsminister Volker Wissing hat mit seiner Androhung von Autofahrverboten wegen des Klimaschutzgesetzes für neuen Streit unter den Ampel-Parteien gesorgt. Die Grünen kritisierten am Freitag, der FDP-Politiker wolle von der schlechten Klimaschutzbilanz seines Ministeriums ablenken. Die SPD warf Wissing unnötige "Panikmache" vor. Parteifreunde stärkten ihm hingegen den Rücken und prangerten eine Blockadehaltung der Grünen an. "Die Ampel zerfleischt sich mal wieder selbst", kommentierte der CSU-Abgeordnete Ulrich Lange.

"Es ist nicht verantwortungsvoll für einen Minister, unbegründete Ängste zu schüren", erklärte die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge. "Stattdessen sollte Volker Wissing seine Aufgabe wahrnehmen und endlich sinnvolle Vorschläge für mehr Klimaschutz im Verkehrssektor machen." Ideen gebe es zur Genüge, führte sie aus. "Wir warten seit zwei Jahren darauf."

"Panikmache durch abwegige Vorschläge helfen dem Klimaschutz im Verkehrsbereich überhaupt nicht", sagte der SPD-Abgeordnete Detlef Müller den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. "Solche Manöver bringen die laufenden Beratungen des Klimaschutzgesetzes im Bundestag schwerlich voran."

Laut Klimaschutzgesetz muss Deutschland bis 2030 seine Emissionen um 65 Prozent im Vergleich zum Stand von 1990 verringern. Nach der bisherigen Gesetzeslage, die noch auf die Große Koalition von CDU und SPD zurückgeht, müssen auch jährliche Sektorziele für die Bereiche Energiewirtschaft, Verkehr, Industrie, Gebäude, Landwirtschaft und den Abfallsektor sicherstellen, dass eine schrittweise Senkung des Treibhausgasausstoßes erfolgt.

Der Verkehrsbereich hält die Vorgaben seit Jahren nicht ein. Gegen Maßnahmen wie ein Tempolimit auf Autobahnen oder eine Abschaffung des Dienstwagenprivilegs wehrte sich Wissing. Er und die FDP drängten stattdessen auf die Reform des Gesetzes. Die Ampel-Regierung brachte ihre entsprechende Einigung dazu vor neun Monaten in den Bundestag ein, dort hängt der Entwurf seitdem jedoch.

Wissing hatte am Donnerstag in einem Schreiben an die Fraktionsspitzen der Ampel-Parteien im Bundestag die Zustimmung zu der Reform gefordert. Sollte das überarbeitete Gesetz nicht vor dem 15. Juli 2024 in Kraft treten, müsste das Bundesverkehrsministerium ein Sofortprogramm vorlegen, um sofort drastisch CO2 einzusparen, warnte er darin.

Nach Berechnungen des Umweltbundesamts (UBA) müssten zur Einhaltung der Vorgaben in diesem Jahr rund 22 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente ad hoc zusätzlich eingespart werden. Dies entspräche der Summe der Verkehrsleistung von über 15 Prozent aller in Deutschland zugelassenen Pkw und über zehn Prozent der Lkw-Fahrleistung. Eine so drastische und sofortige Reduzierung ist laut Wissing nur mit Fahrverboten an allen Wochenenden zu erreichen.

FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai warf den Grünen vor, die Gesetzesnovelle im Bundestag bewusst zu blockieren. Diese Blockade müssten sie "endlich aufgeben", sagte er dem Nachrichtenportal t-online. "Es gibt keinen Grund, das Verfahren weiter mutwillig zu verzögern."

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH), die auf Einhaltung des Klimaschutzgesetzes durch die Bundesregierung und insbesondere das Verkehrsministerium geklagt hat, sieht sich nun bestätigt. "Mit seinem Panik-Brief gesteht Wissing ein, dass er seit Amtsantritt gegen Recht und Gesetz und damit gegen die Verpflichtung zu wirksamen Klimaschutzmaßnahmen im Verkehrsbereich verstößt", erklärte DUH-Chef Jürgen Resch. Offensichtlich rechne Wissing mit einer Niederlage vor Gericht.

Nun Fahrverbote an Wochenenden an die Wand zu malen sei zwar ein "billiger Taschenspielertrick", erklärte Resch weiter. "Damit eröffnet uns aber der Automobilminister Wissing endlich eine politische Sachdebatte über realistische und kurzfristig mögliche andere Maßnahmen im Verkehrsbereich, wie die notwendigen 22 Millionen Tonnen CO2-Einsparung pro Jahr kurzfristig erreicht werden können."

pe/awe / © Agence France-Presse