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Corona: Geflüchtete schreiben Brandbrief an EU

Während in Deutschland laut einer Umfrage des BfR die Angst vor einer Ansteckung mit Corona stark gesunken ist und der Freistaat Sachsen eine Maskenpflicht in Supermärkten und im öffentlichen Nahverkehr eingeführt hat, wollen wir heute unseren Blick gen Moria richten.

Auf der griechischen Insel Lesbos liegt das überfüllte Flüchtlingslager Moria. Die dort lebenden Flüchtlinge haben sich nun angesichts der Corona-Pandemie in einem Brief an die Regierungen der EU gewandt, den der Berliner „Tagesspiegel“ am heutigen Freitag veröffentlichte. „Wir brauchen Europa, um zu überleben“ heißt die dringliche Botschaft. Ein Ausbruch von COVID-19 im Camp wäre „wie ein Todesurteil“ für Alte, Kranke und andere schutzbedürftige Personen.

Der digitale Brandbrief wurde unter anderem an Bundeskanzlerin Merkel und EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen im Namen der Asylsuchenden von zwei Initiativen, „Moria Corona Awareness Team“ und „Moria White Helmets“ veröffentlicht. Im Text heißt es weiter: "Wir begannen, unser Leben im Elend zu organisieren. Wir versuchten, unsere Würde zu schützen. Aber wir können nicht gegen ein Virus kämpfen ohne minimale Hygienestandards und Möglichkeiten, uns zu schützen.“

Daher fordern die Geflüchteten, Alte, Kranke und Verwundete sofort aus dem Lager zu evakuieren, weil es dort keinen Schutz für sie gäbe. Das selbige gelte für unbegleitete oder kranke Kinder samt ihren Familien. Ebenso wird auf einen mangelnden Brandschutz, eine miserable Müllentsorgung (siehe Titelbild: AFP) und eine schlecht organisierte Wasserversorgung hingewiesen. Es gäbe zudem weder Möglichkeiten zur Bildung oder gar der Isolation. Man stellt sich deshalb die Frage: „Wie sollen wir Abstand halten?“, hinsichtlich der Empfehlungen zum Infektionsschutz.

Weiter, bedanken sich die Asylsuchenden in dem Schreiben für die Solidarität der europäischen Zivilgesellschaft, "von allen Menschen, die nicht bereit sind, uns in Zeiten der Coronakrise in ihren Ländern im Stich zu lassen". Weiter schreibt man: Wir sind alle nach Europa gekommen, weil wir wie Menschen leben wollen und weil wir die Gewalt, die Kriege und die Verfolgung, mit der wir alle konfrontiert waren, nicht mehr ertragen konnten." Und: "Wir kamen, weil unsere Kinder eine bessere Zukunft verdienen."

Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl fordert deshalb ebenso eine schnelle Evakuierung der Schutzsuchenden, auch auf anderen griechischen Inseln. Man schlägt vor, die Flüchtlinge in griechischen Hotels, die aufgrund des wegbleibenden Tourismus leer stehen, unterzubringen. Weiter verlangte man jedoch, dass das längerfristige Ziel sei, die Menschen innerhalb der EU zu verteilen, unter anderen in Deutschland.

Katja Kipping, Parteichefin der Linken, ließ aus Berlin verlauten, dass "der Hilferuf der Geflüchteten in Moria darf nicht ungehört verhallen. Jedes Warten ist ein Spiel mit dem Leben tausender Menschen.“

Regierungssprecher Steffen Seibert äußerte sich derzeit noch nicht zu dem Appell aus Moria. Ihm sei, laut Sprecher des Bundesinnenministeriums, der Text noch nicht bekannt. Er verwies aber auf "umfassende" Unterstützung durch die Bundesregierung, "um die Zustände in den griechischen Lagern zu verbessern.“ Deutschland wolle Maßnahmen um das Infektionsrisiko verringern durchführen, indem man Menschen auf das griechische Festland verlege, so der Sprecher. Zudem wies er auf die Tatsache hin, dass Deutschland am morgigen Samstag 50 unbegleitete Minderjährige aus Moria aufnehmen will. Pro Asyl kritisierte diese Zahl „lächerlich gering“  

Flo aus Münster/bk/cne/Agence France-Presse