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Bauern bereiten massive Proteste vor

Bundesbehörden befürchten eine Radikalisierung und Unterwanderung der Proteste.

Obwohl die Bundesregierung die geplanten Kürzungen im Agrarbereich weitgehend zurückgenommen hat, bereiten Bauern gemeinsam mit dem Transportsektor massive bundesweite Proteste ab Montag vor. Polizei und Behörden rechnen mit starken Verkehrsbeeinträchtigungen, Mecklenburg-Vorpommern setzte deshalb das Sonntagsfahrverbot für Fernfahrer aus. Bundesfinanzminister und FDP-Chef Christian Lindner kritisierte die Protestpläne. Die Unionsparteien unterstützen hingegen die Landwirte. Bundesbehörden befürchten derweil eine Radikalisierung und Unterwanderung der Proteste.

Polizeibehörden bundesweit erwarten Straßenblockaden und andere Aktionen mit Treckern und anderem landwirtschaftlichem Gerät. Das Wirtschaftsministerium von Mecklenburg-Vorpommern rechnet mit Problemen "an den meisten Autobahnauffahrten". "Zur Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung" erlaubte die Behörde deshalb ausnahmsweise den Warenferntransport am Sonntag.

Die Polizeigewerkschaft in Bayern befürchtet eine Überlastung der Polizei und kritisierte die Landwirte. "Viele Aktionen schießen da nicht nur rechtlich weit übers Ziel hinaus, sie stellen in Teilen auch Verkehrsgefährdungen sowie Gefährdungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dar", erklärte der Polizeigewerkschafter Thorsten Grimm.

Der Deutsche Bauernverband (DBV) hat zu einer Woche bundesweiter Protestaktionen gegen die Politik der Bundesregierung aufgerufen. Entzündet hatte sich die Wut der Landwirte an geplanten Kürzungen der Subventionen für die Branche im Zuge der Haushaltskrise. Angesichts der seit Dezember anhaltenden Proteste kassierte die Bundesregierung die Pläne aber mittlerweile weitgehend ein. Der DBV hielt dennoch an seinen Plänen fest.

Der Bund Deutscher Milchviehhalter (BDM) begründete dies mit tiefer liegenden Problemen. Es gehe "vielen längst um viel mehr als Agrardiesel und eine KfZ-Steuerbegünstigung", erklärte der BDM-Vorsitzende Karsten Hansen. "Es ist ein Protest gegen den berühmten Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt."

FDP-Chef Lindner kritisierte die Pläne der Bauern als "unverhältnismäßig". Proteste müssten immer "verhältnismäßig im Rahmen unserer demokratischen Ordnung" sein, sagte er beim Dreikönigstreffen seiner Partei in Stuttgart. Die angekündigten bundesweiten Blockadeaktionen seien dies nicht. "Sie haben sich verrannt, bitte kehren Sie um", appellierte er an die Landwirte.

Inhaltlich erteilte der Bundesfinanzminister den Bauern eine klare Absage: "Man kann nicht auf der einen Seite von der gesenkten Stromsteuer profitieren wollen, man kann nicht zusätzliche Fördermittel für den Stallumbau fordern und auf der anderen Seite auch an alten Subventionen festhalten. Wer neue Subventionen will, muss auch auf alte verzichten."

Nach einer Blockade-Aktion gegen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in Schleswig-Holstein am Donnerstag wird zudem eine zunehmende Radikalisierung der Landwirte und Unterwanderung der Proteste befürchtet. Protestierende Landwirte hatten mit ihren Treckern einen Fähranleger am Nordseehafen Schlüttsiel blockiert und den Minister am Verlassen der Fähre gehindert. Die Aktion sorgte für breite Kritik in der Politik. Die Staatsanwaltschaft Flensburg ermittelt wegen Nötigung und möglichen Landfriedensbruchs.

Vertreter der Bauernverbände hatten sich wiederholt von Gewalt und extremistischem Vorgehen distanziert. Sicherheitsbehörden verzeichneten zuletzt aber diverse Mobilisierungsaufrufe und Solidaritätsbekundungen von Rechtsextremisten, Gruppierungen der Neuen Rechten und der Querdenker-Szene.

Das Bundeskriminalamt registrierte laut einem Bericht der "Welt am Sonntag" etwa Aufrufe zu einem "Generalstreik" und "Umsturzrandale". Beteiligt sind demnach etwa die rechtsextremistische Partei Der III. Weg und die neurechte Initiative Ein Prozent. Gleichzeitig sieht die Behörde dem Bericht zufolge für die Bauernproteste und deren Veranstalter selbst keine "gefährdungsrelevanten Erkenntnisse".

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt kritisierte zu Beginn der Klausurtagung der CSU-Landesgruppe im oberbayerischen Kloster Seeon den Vorfall mit Bundesminister Habeck. Er habe aber Verständnis für die Proteste der Bauern. Weitere Unionspolitiker solidarisierten sich mit den Landwirten - solange die Proteste im rechtsstaatlichen Rahmen blieben.

pe/dja


Peter EßER / © Agence France-Presse