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Annahme: Iran bereitet den Krieg gegen Israel psychologisch vor

Nach dem tödlichsten Anschlag seit Jahrzehnten hat der Iran am Donnerstag einen landesweiten Trauertag abgehalten und zugleich massive Drohungen gegen die Drahtzieher ausgesprochen.

Iranische Vertreter bezichtigten Israel und die USA der "Verantwortung für dieses Verbrechen", was von der Regierung in Washington zurückgewiesen wurde. Bei dem Anschlag am Mittwoch im südiranischen Kerman wurden nach neuesten Angaben 84 Menschen getötet.

Die "Verantwortung für dieses Verbrechen" liege "bei den USA und dem zionistischen Regime und der Terrorismus ist nur ein Werkzeug", schrieb der iranische Präsidentenberater Mohammad Dschamschidi im Online-Dienst X, vormals Twitter. Der derzeitige Befehlshaber der Al-Kuds-Brigaden der iranischen Revolutionsgarden, Esmail Kaani, erklärte, die Menschenmenge in Kerman sei "von blutrünstigen Menschen angegriffen worden, die von den Vereinigten Staaten und dem zionistischen Regime ausgerüstet" worden seien.

Präsident Ebrahim Raisi hatte am Mittwoch erklärt, es bestehe "kein Zweifel, dass die Urheber dieses feigen Akts bald identifiziert und bestraft werden". Irans geistliches Oberhaupt Ayatollah Chamenei machte die "bösen und kriminellen Feinde der iranischen Nation" verantwortlich und kündigte eine "scharfe Reaktion" an.

Washington wies die Vorwürfe entschieden zurück. US-Außenamtssprecher Matthew Miller bezeichnete "jegliche Andeutung" einer US-Beteiligung als "lächerlich". Seine Regierung habe auch "keinen Grund zu der Annahme", dass Israel mit dem Vorfall zu tun habe, sagte Miller vor einer Nahost-Reise von US-Außenminister Blinken.

Ein hochrangiges Mitglied der US-Regierung verglich den Anschlag mit Angriffen der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS). "Es sieht nach einem Terroranschlag aus, wie ihn der IS in der Vergangenheit verübt hat, und davon gehen wir im Moment aus", sagte der Regierungsvertreter vor Journalisten. Offiziell bekannte sich zunächst niemand zu dem Anschlag. 

Zur Zahl der Opfer sagte der iranische Innenminister Ahmad Wahidi am Donnerstag, die Zahl "der Märtyrer bei diesem Vorfall" betrage "laut gerichtsmedizinischer Statistik 84". Ursprünglich war von mehr als hundert Toten die Rede gewesen. Zudem wurden nach Angaben der Rettungsdienste 284 Menschen verletzt, von ihnen werden 195 im Krankenhaus behandelt.

Der Anschlag am Mittwoch wurde laut Staatsmedien mit zwei im Abstand von etwa 15 Minuten gezündeten Bomben in der Nähe der Saheb-al-Saman-Moschee in Kerman verübt, auf deren Gelände sich das Grab des 2020 von den USA getöteten Generals Kassem Soleimani befindet. Dort hatten sich am Mittwoch an dessen viertem Todestag zahlreiche Menschen versammelt. Soleimani hatte die Al-Kuds-Brigaden befehligt, die für Auslandseinsätze zuständige Abteilung der iranischen Revolutionsgarden. 

Der Anschlag ereignete sich vor dem Hintergrund erhöhter Spannungen in Nahost. Es waren die tödlichsten Bombenexplosionen im Iran seit 1978. Damals waren bei einem Brandanschlag in einem Kino in der südwestlichen Stadt Abadan mindestens 377 Menschen ums Leben gekommen.

Der Anschlag hat Befürchtungen geschürt, der seit drei Monaten andauernde Krieg zwischen Israel und der vom Iran unterstützten pro-iranischen Palästinenserorganisation Hamas im Gazastreifen könnte sich auf die Region ausweiten. Zuvor hatte bereits die mit der Hamas verbündete pro-iranische Hisbollah im Libanon angesichts der Tötung des Hamas-Vizechefs Saleh al-Aruri im Libanon mit Vergeltung gedroht.

Zahlreiche Länder verurteilten den Anschlag, darunter China, Saudi-Arabien und Russland. Chinas Staatschef Xi Jinping erklärte, er habe seinem Kollegen Raisi mitgeteilt, er sei "schockiert über den schweren Terroranschlag". China lehne "alle Formen des Terrorismus" ab und unterstütze "entschieden die Bemühungen des Iran um die Aufrechterhaltung der nationalen Sicherheit und Stabilität".

Entsetzen und Beileidsbekundungen kamen auch aus der Europäischen Union. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell schrieb nach einem Telefonat mit dem iranischen Außenminister Hossein Amir-Abdollahian in Online-Netzwerken, er habe "diesen Terroranschlag auf das Schärfste verurteilt" und seine "Solidarität mit dem iranischen Volk" ausgedrückt.

Unterdessen verlautete aus Sicherheitskreisen im Nachbarland Irak, dass bei einem Luftangriff im Osten der Hauptstadt Bagdad zwei pro-iranische Kämpfer des Hasched-al-Schaabi-Netzwerks getötet worden seien. Nach Angaben der Miliz handelte es sich um einen US-Angriff. Unter den Getöteten habe sich einer der Kommandeure des Netzwerkes gehandelt.

Das Hasched-al-Schaabi-Netzwerk ist eine Koalition ehemaliger Paramilitärs, die in Iraks reguläre Armee eingegliedert wurden. Der mit ihm in Verbindung stehende Islamische Widerstand, ein loser Zusammenschluss bewaffneter Gruppen, bekennt sich meist zu Attacken auf im Irak stationierte US-Truppen. Die von den USA angeführte Militärkoalition im Irak und in Syrien soll dabei helfen, ein Wiedererstarken des IS zu verhindern.

kas/jes © Agence France-Presse




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