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Israel ordnet weitere Evakuierungen in Chan Junis an

Macron "alles in Gaza dem Erdboden gleichzumachen oder wahllos die Zivilbevölkerung anzugreifen" ist keine effektive Terrorismusbekämpfung

Israel hat nach Angaben der Vereinten Nationen weitere großflächige Evakuierungen der Stadt Chan Junis im Süden des Gazastreifens angeordnet. Das UN-Büro für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (Ocha) erklärte, Israel habe am Mittwoch Karten veröffentlicht, in denen rund 20 Prozent des Stadtgebiets neu als zu räumendes Gebiet ausgezeichnet würden.

In dem Gebiet lebten nach Angaben der UNO vor Beginn der Kämpfe zwischen Israel und der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas mehr als 110.000 Menschen. Außerdem befinden sich in dem Gebiet demnach 32 Notunterkünfte mit mehr als 140.00 Binnenflüchtlingen, die meisten von ihnen aus dem Norden des Gazastreifens.

Die israelischen Streitkräfte erklärten, am Mittwoch seien mit Bodentruppen, aus der Luft und vom Meer aus Angriffe gegen "dutzende Terroristen und Terroristen-Infrastruktur" in Chan Junis ausgeführt worden. Die Armee hatte am Montag angekündigt, ihre Angriffe auf Ziele in der größten Stadt des südlichen Gazastreifens zu verstärken.

Am 7. Oktober waren hunderte Kämpfer der von der EU und den USA als Terrororganisation eingestuften Hamas in israelische Orte eingedrungen und hatten dort Gräueltaten an Zivilisten verübt. Israelischen Angaben zufolge wurden rund 1140 Menschen getötet und etwa 250 Menschen als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt.

Als Reaktion bombardiert die israelische Armee seither Ziele im Gazastreifen und startete eine Bodenoffensive. Dabei wurden nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums, die nicht unabhängig überprüft werden können, inzwischen mindestens 20.000 Menschen getötet.

Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron mahnte am Mittwochabend in einem Fernsehinterview, den Terrorismus zu bekämpfen bedeute nicht, "alles in Gaza dem Erdboden gleichzumachen oder wahllos die Zivilbevölkerung anzugreifen". Deswegen seien der Schutz von Zivilisten und eine Feuerpause nötig, die zu einer Waffenruhe führe, sagte Macron im Sender France 5.

Hamas-Chef Ismail Hanija führte am Mittwoch in Ägypten Gespräche über eine mögliche Feuerpause und einen neuen Gefangenenaustausch. Der britische Sender BBC und die US-Zeitung "Wall Street Journal" berichteten unter Berufung auf informierte Kreise, die Gespräche hätten zu keinem Ergebnis geführt, sollten aber fortgesetzt werden.

Derweil führt Israel Gespräche mit Katar und den USA, um zu einer möglichen Feuerpause mit weiteren Geisel-Freilassungen zu gelangen. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu warnte am Dienstag aber, es werde keinen Waffenstillstand vor einer "Eliminierung der Hamas" geben. "Jeder, der glaubt, wir würden aufhören, hat keinen Bezug zur Realität."

US-Präsident Joe Biden sagte, es gebe "zum jetzigen Zeitpunkt" keine Erwartung einer sofortige Geisel-Vereinbarung zwischen Israel und der Hamas. "Aber wir drängen dazu."

Derweil will der UN-Sicherheitsrat in New York am Donnerstag erneut versuchen, sich auf eine Resolution mit einer Forderung nach einer Feuerpause zu verständigen. Für die vergangenen Tage angestrebte Abstimmungen über einen Resolutionstext waren immer wieder verschoben worden. Mit den Beratungen soll erreicht werden, dass die USA - einer der wichtigsten Verbündeten Israels - die Resolution nicht mit ihrem Veto blockieren.

fs/


Adel ZAANOUN und Chloé ROUVEYROLLES-BAZIRE / © Agence France-Presse