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Wie weit darf das BKA bei der Terrorabwehr gehen?

Rechte von Bundeskriminalamt zu Terrorabwehr beschäftigen Bundesverfassungsgericht

Das Bundeskriminalamt (BKA) soll die Bevölkerung vor Terrorismus schützen - mit der Frage nach seinen Rechten dabei hat sich am Mittwoch das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe beschäftigt. Strafverteidigerinnen, Fußballfans und ein politischer Aktivist wandten sich mit der Gesellschaft für Freiheitsrechte an das Gericht. Es ging um die BKA-Befugnisse beim Sammeln und Nutzen von Daten und der Überwachung von Kontaktpersonen Verdächtiger. (Az. 1 BvR 1160/19)

Der Erste Senat in Karlsruhe bewegte sich somit im "Spannungsfeld zwischen dem Sicherheitsauftrag des Staats und dem Schutz individueller Freiheitsrechte", wie Gerichtspräsident Stephan Harbarth formulierte. Denn während die Beschwerdeführenden ihr Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt sehen, argumentierte die Behörde mit einer veränderten Sicherheitslage.

"Neue Kriminalitätsphänomene brauchen auch Antworten des Staats", sagte auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) vor der Verhandlung in Karlsruhe. Sie verteidigte die Befugnisse des BKA mit dem Schutz von Bürgerinnen und Bürgern, beispielsweise vor Anschlägen. Dass BKA und Länderpolizeien Daten austauschen könnten, sei wichtig.

Das sei auch eine Lehre aus den Morden der rechtsextremistischen Zelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU), die jahrelang nicht aufgeflogen war. Während einer laufenden Ermittlung solle keine Zeit damit verloren gehen, unterschiedliche Datensysteme zu verknüpfen, führte die Ministerin vor Gericht aus.

Das Gesetz erlaubt die Verarbeitung von personenbezogenen Daten unter anderem dann, wenn es Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Betreffenden in naher Zukunft Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen. Die Beschwerdeführenden befürchten aber, dass sie unverschuldet selbst in einer zentralen Datenbank der Polizeien landen könnten - weil sie beispielsweise mehr oder weniger zufällig Kontakte zu Menschen hatten, die als potenziell gefährlich eingestuft werden. 

Eine Beschwerdeführerin ist Fan des Fußballvereins 1860 München und setzt sich nach eigenen Angaben gegen Gewalt im Stadion ein. Sie sei als Verdächtige in eine Polizeidatenbank geraten, ohne sich jemals strafbar gemacht zu haben, erklärte sie vor der Verhandlung. Nun könne jede Polizeikontrolle "sehr unangenehm" werden.

Das Gericht befragte Vertreterinnen und Vertreter des BKA intensiv dazu, wie Daten verarbeitet und ausgetauscht werden. Außerdem ging es in Karlsruhe um die Überwachung von Kontaktpersonen. Zur Terrorabwehr dürfen in bestimmten Fällen auch Menschen überwacht werden, die nicht selbst verdächtig sind, sondern lediglich mit Verdächtigen in Verbindung stehen. Dazu können beispielsweise V-Leute eingesetzt werden. 

Diese Regelung erlaube die Überwachung von zu vielen Menschen, sagte der Prozessbevollmächtigte von zwei Beschwerdeführerinnen, Bijan Moini. Die Strafverteidigerinnen, die sich an das Gericht gewandt hatten, befürchten, dass sie bei ihrer Arbeit heimlich überwacht werden könnten.

Das Verfassungsgericht beschäftigt sich bereits zum zweiten Mal mit dem BKA-Gesetz. 2016 erklärte es eine frühere Fassung teilweise für verfassungswidrig. Später wurde das Gesetz reformiert. Jetzt muss das Gericht prüfen, ob die Neufassung mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Ein Urteil gab es am Mittwoch noch nicht. Es ergeht meist einige Monate nach der mündlichen Verhandlung.

smb/cfm


Sarah Maria BRECH / © Agence France-Presse