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Debatte um Bürgergeld

Bas warnt vor Populismus

Die angespannte Haushaltslage hat eine Debatte um die Höhe des Bürgergelds entfacht. FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai forderte das vom Koalitionspartner SPD geführte Bundessozialministerium am Sonntag auf, die zum Jahreswechsel geplante Erhöhung um zwölf Prozent zurückzunehmen. Die CSU verlangte eine Generalüberholung des Bürgergeld-Systems. Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) hingegen warnte davor, die Debatte um Einsparungen im Bundeshaushalt auf Kosten sozial schwacher Menschen auszutragen.

In einem Interview mit der Nachrichtenagentur AFP kritisierte Bas die Forderungen nach Einschnitten beim Bürgergeld. Das Bürgergeld werde in der Debatte "verknüpft mit dem Thema Zuwanderung und mit der Aussage, dass die Leute angeblich nicht mehr arbeiten wollen", sagte die Bundestagspräsidentin. Solche Äußerungen stellten die Bezieherinnen und Bezieher unter einen falschen Generalverdacht: "Die sind nicht faul oder nach Deutschland gekommen, um Sozialleistungen zu bekommen."

Bas warnte davor, unter dem aktuellen Spardruck gesellschaftliche Gruppen gegeneinander auszuspielen. "Das ist ein Populismus, der uns in ein Klima hineinredet, in dem es dann nur darum geht: arm gegen reich, Migrationshintergrund oder nicht", kritisierte die SPD-Politikerin. "Da sollten wir demokratische Parteien nicht mitmachen."

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hingegen forderte eine grundsätzliche Überholung des Bürgergelds mit einer Absenkung der Sätze. "Das Bürgergeld hat den Praxistest nicht bestanden", sagte Söder dem "Stern". "Das Gesamtniveau ist zu hoch. Wer arbeitet, muss erkennbar mehr bekommen als jemand, der nicht arbeitet." Das Bürgergeld sei teuer und setze "völlig falsche Anreize". Es brauche "mehr Motivation, um arbeiten zu gehen".

Söder kündigte eine Bundesrats-Initiative an, um das Bürgergeld grundsätzlich neu auszurichten und in der Zwischenzeit eine sofortige Verschiebung der geplanten Erhöhung um ein Jahr zu erreichen. Der CSU-Chef forderte zudem einen Stopp von Bürgergeld-Zahlungen an neu ankommende ukrainische Flüchtlinge; diese sollten künftig die niedrigeren Asylbewerber-Leistungen bekommen.

FDP-Generalsekretär Djir-Sarai kritisierte die Anhebung der Bürgergeld-Sätze in der "Bild am Sonntag" als "nicht mehr angemessen". Bundessozialminister Hubertus Heil (SPD) müsse sie zurücknehmen. Der Sozialstaat sei zu teuer. "Jeder dritte Euro, den die Bundesregierung ausgibt, fließt in Sozialausgaben", sagte Djir-Sarai. "Das geht nicht mehr." Es könne nicht sein, dass die Regierung in Zeiten knapper Kassen und sinkender Inflation das Bürgergeld um zwölf Prozent anhebe.

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) kündigte, eine Überprüfung der geplanten Erhöhungen an: Die Inflationsrate entwickele sich derzeit wesentlich besser, als bei der Festlegung des Regelsatzes für 2024 prognostiziert worden sei, sagte Lindner den Funke-Zeitungen. "Bei der anstehenden Prüfung des Abstands zwischen Löhnen und Sozialleistungen wird man sich daher das Anpassungsverfahren ansehen müssen. Denn es muss immer einen spürbaren Unterschied machen, ob jemand arbeitet oder nicht arbeitet."

Der Finanzminister forderte Einsparungen, um die Lücken im Haushalt für 2024 zu schließen - und nannte in dem Interview "drei große Kostenblöcke": Einschnitte könnte es neben den Sozialausgaben auch bei der internationalen Klimafinanzierung sowie staatlichen Subventionen geben.

CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann forderte härtere Sanktionsmöglichkeiten für junge Bürgergeld-Beziehende. Wer "in jungen Jahren" arbeiten könne, dies aber nicht tue, "müsste statt mit einer 30-prozentigen Kürzung mit 50 Prozent oder mehr rechnen", sagte Linnemann dem "Tagesspiegel" vom Montag.

Aus der Union kamen aber auch warnende Stimmen, was Sozialkürzungen angeht. Der nordrhein-westfälische Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU) verteidigte die bevorstehende Erhöhung der Bürgergeld-Sätze als "dringend notwendig". Gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland nannte er es falsch, in der aktuellen Haushaltskrise nur die Sozialleistungen zu kritisieren: "Niemand darf denken, die CDU stehe nicht an der Seite der kleinen Leute."

Das Bürgergeld soll zum 1. Januar um zwölf Prozent steigen. Für alleinstehende Erwachsene sind das zusätzlich 61 Euro. Damit soll die allgemeine Preissteigerung ausgeglichen werden.

pw/smb


Peter WÜTHERICH / © Agence France-Presse