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Regierung muss Klimaschutz-Sofortprogramm vorlegen

Ein Sofortprogramm, das die Einhaltung der im Klimaschutzgesetz genannten Jahresemissionsmengen in den Sektoren Gebäude und Verkehr, sicherstellt

Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat die Bundesregierung zur Vorlage eines Klimaschutz-Sofortprogramms verurteilt. Damit gab das Gericht am Donnerstag den Klagen von zwei Umweltverbänden statt und bescheinigte der Bundesregierung einen Verstoß gegen die Vorgaben des Klimaschutzgesetzes in den Bereichen Verkehr und Gebäude. Das im Oktober beschlossene Klimaschutzprogramm 2023 erfüllt nach Auffassung des Senats nicht die gesetzlichen Anforderungen an das Sofortprogramm. Die Regierung müsse deswegen "schnellstmöglich" ein wirksames Sofortprogramm beschließen.

Geklagt hatten die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und der BUND. Sie warfen der Bundesregierung eine Nichteinhaltung der im Bundes-Klimaschutzgesetz festgeschriebenen Treibhausgas-Sektorziele für Verkehr und Gebäude vor und verlangten den Beschluss von Sofortprogrammen, wie sie das Klimaschutzgesetz vorsieht. Diese Programme sollen Maßnahmen zur Einhaltung der jährlichen Sektorziele beinhalten. 

Die Berliner Richter trugen der Bundesregierung nun in ihrem Urteil die Verabschiedung eines Sofortprogramms auf, das die Einhaltung der im Klimaschutzgesetz genannten Jahresemissionsmengen der Sektoren Gebäude und Verkehr für die Jahre 2024 bis 2030 sicherstellt. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig, eine Revision wurde zugelassen.

Das bereits beschlossene Klimaschutzprogramm 2023 reicht nach Einschätzung der Richter nicht aus, weil es lediglich anhand einer sektorübergreifenden und mehrjährigen Gesamtberechnung prüft, ob die Klimaschutzziele bis 2030 erreicht werden. Ein Sofortprogramm müsse aber "kurzfristig wirksame Maßnahmen enthalten, die die Einhaltung der im Klimaschutzgesetz ausgewiesenen Jahresemissionsmengen für die folgenden Jahre im jeweiligen Sektor sicherstellen", erklärte das Gericht. 

Die klagenden Umweltverbände bewerteten das Urteil als großen Erfolg. Die DUH sprach von einem "bahnbrechenden Urteil". Ihr Geschäftsführer Jürgen Resch erklärte: "Dieses Urteil ist der richterliche Doppel-Wumms für den Klimaschutz und eine schallende Ohrfeige für die Bundesregierung wegen ihrer katastrophalen Klimapolitik." Die Bundesregierung müsse jetzt "ein Zeichen für einen Neustart im Klimaschutz setzen und als einzige sofort wirksame Maßnahme ein Tempolimit von 100 Kilometern pro Stunde auf Autobahnen, 80 Kilometern pro Stunde außerorts und Tempo 30 für die Stadt umsetzen".

BUND-Geschäftsführerin Antje von Broock erklärte: "Mit dem heutigen Urteil ist die Bundesregierung dazu verpflichtet worden, beim Klimaschutz nachzulegen." Sie forderte die Ministerien für Verkehr, Bau und Wirtschaft zur raschen Vorlage "ambitionierter Maßnahmen" auf. "Das heißt: Tempolimit jetzt, Dienstwagenprivileg abschaffen, Steuervorteile für Diesel und Kerosin beenden und klare Vorgaben für die energetische Modernisierung von Gebäuden."

Die Naturschutzorganisation WWF Deutschland wies auf die politischen Folgen des Urteils hin. Der Richterspruch verdeutliche, "dass die beabsichtigte Abschwächung des Klimaschutzgesetzes klimapolitisch unverantwortlich wäre". Der Umweltdachverband Deutscher Naturschutzring (DNR) sprach von einer Ohrfeige für die Bundesregierung: Diese "verstößt mit dem aktuellen Klimaschutzprogramm gegen das Klimaschutzgesetz und gefährdet die Freiheit zukünftiger Generationen". Die Allianz Pro Schiene erklärte: "Nach dem heutigen Urteil zum Klimaschutzgesetz darf es keine Unsicherheit mehr geben bei der Sanierung des Schienennetzes."

pw/awe


Peter WUETHERICH / © Agence France-Presse