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Zehntausende Palästinenser fliehen aus nördlichem Gazastreifen

Hilfsgüter erreichen das größte Krankenhaus in Gaza

Zehntausende Menschen sind am Mittwoch nach Angaben der israelischen Armee aus dem Norden des Gazastreifens über einen Fluchtkorridor in den Süden de Gebiets geflohen. "Wir haben heute gesehen, wie 50.000 Bewohner vom nördlichen in den südlichen Gazastreifen gezogen sind", sagte Armeesprecher Daniel Hagari. Der Fluchtkorridor werde am Donnerstag erneut geöffnet. 

Der Grenzübergang Rafah nach Ägypten blieb indes nach Angaben der Hamas für Verwundete und Ausländer am Mittwoch geschlossen. Er sei nicht geöffnet worden, weil Israel sich weigere, die Liste der zu evakuierenden Verwundeten zu genehmigen, sagte ein Beamter der den Gazastreifen kontrollierenden radikalislamischen Palästinenserorganisation der Nachrichtenagentur AFP. 

Ein AFP-Journalist sah am Mittwoch in Rafah eine große Menschenmenge, die hoffte, im Laufe des Tages nach Ägypten zu gelangen. Nach einem tödlichen Angriff auf einen Krankenwagen hatte die Hamas den Übergang zuvor bereits für zwei Tage geschlossen. 

"Sie gehen, weil sie verstanden haben, dass die Hamas die Kontrolle im Norden verloren hat und es im Süden sicherer ist", sagte Militärsprecher Hagari mit Blick auf die Flüchtenden. Im südlichen Gazastreifen gebe es eine Zone, "in der Medikamente, Wasser und Nahrungsmittel verfügbar sind", sagte weiter. 

"Wir haben unsere Häuser verloren, wir haben unsere Kinder verloren. Wo ist die Weltgemeinschaft? Wo sind unsere muslimischen Mitbürger?", sagte einer der Flüchtenden, Nouh Hammouda, der Nachrichtenagentur AFP. Er fügte fragend hinzu: "Wohin sollen wir jetzt gehen?"

"Gestern (Dienstag) haben wir beschlossen, zu fliehen, weil die Bombardierungen sehr intensiv waren", sagte Ehsan Abu Sleem, ebenfalls auf der Flucht. "Die Kinder und Frauen hatten große Angst und wir haben es nicht mehr ausgehalten."

Israels Verteidigungsminister Joav Gallant sagte am Mittwoch, die israelischen Truppen seien dabei, "den Würgegriff um die Stadt Gaza zu verstärken". Zuvor hatte die israelische Armee erklärt, sie erhöhe "den Druck" auf die Stadt. Auf am Mittwoch veröffentlichen Bildern ist zu sehen, wie israelische Bodentruppen unterirdische Gänge sprengen. Den Angaben zufolge wurden rund 130 Tunneleingänge entdeckt.  

Kämpfer der radikalislamischen Hamas hatten am 7. Oktober hunderte Gräueltaten in zahlreichen Ortschaften im Süden Israels und bei einem Musikfestival in der Nähe des Gazastreifens verübt. 1400 Menschen wurden nach israelischen Angaben getötet. Die meisten von ihnen waren Zivilisten, darunter viele Frauen und Kinder. Zudem verschleppten die Islamisten jüngsten israelischen Angaben zufolge 239 Menschen als Geiseln in den Gazastreifen, darunter Babys und alte Menschen.

Als Reaktion auf den Angriff hatte Israel der Hamas den Krieg erklärt und seitdem Ziele der Kämpfer im Gazastreifen angegriffen. Nach nicht unabhängig überprüfbaren Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums wurden bei israelischen Angriffen im Gazastreifen bislang mehr als 10.500 Menschen getötet.

Die Niederlande gaben am Mittwoch die Entsendung eines Militärschiffs nach Zypern bekannt, das Bewohnern des Gazastreifens humanitäre Hilfe leisten könnte. Das Patrouillenschiff "Ms. Holland" solle bis Ende des Monats in der Region eintreffen, sagte ein Vertreter der niederländischen Marine AFP. 

Es sei allerdings noch keine endgültige Entscheidung getroffen worden, zunächst müssten "Vorbedingungen" geschaffen werden. Die Insel im östlichen Mittelmeer bemüht sich derzeit, einen humanitären Seekorridor einzurichten, über den Hilfe in das Palästinensergebiet gelangen kann.  

Die UNO meldete unterdessen das Eintreffen einer Ladung medizinischer Hilfsgüter und Medikamente im Al-Schifa-Krankenhaus im nördlichen Gazastreifen. Die Leiter des UN-Hilfswerks für palästinensische Flüchtlinge (UNWRA) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) erklärten gemeinsam, dass die Hilfsgüter das größte Krankenhaus in Gaza erreicht hätten, "trotz der enormen Risiken, denen unsere Mitarbeiter und Partner aufgrund der anhaltenden Bombardierungen ausgesetzt waren". 

Nach ihren Angaben ist es erst die zweite Lieferung lebenswichtiger Hilfsgüter, es werde dringend mehr benötigt. Laut einem AFP-Reporter wurde die Gegend um das Al-Schifa-Krankenhaus in der Nacht zum Donnerstag erneut bombardiert.  

kbh/ans


Adel ZAANOUN, Joe Stenson und Adel Zaanoun / © Agence France-Presse