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Republikaner Johnson ist neuer Vorsitzender des US-Repräsentantenhauses

Der Gegner von Abtreibungen und der Homo-Ehe sitzt seit 2017 in der Kongresskammer.

Nach dreiwöchiger Lähmung und chaotischen Grabenkämpfen der Republikaner hat das US-Repräsentantenhaus wieder einen Vorsitzenden. Die Kongresskammer wählte am Mittwoch mit den Stimmen der Republikaner den konservativen Abgeordneten Mike Johnson zum "Speaker" und damit in das dritthöchste Staatsamt in den USA. Der in der Öffentlichkeit kaum bekannte Unterstützer von Ex-Präsident Donald Trump erhielt mit 220 Stimmen die erforderliche Mehrheit.

Der 51-jährige Politiker aus dem südlichen US-Bundesstaat Louisiana kündigte in seiner Antrittsrede an, er werde als erstes einen Gesetzestext zur Unterstützung Israels einbringen. "Es ist überfällig, dass wir das hinbekommen", sagte Johnson zweieinhalb Wochen nach dem Großangriff der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas auf den historischen US-Verbündeten Israel.

US-Präsident Joe Biden gratulierte Johnson zu seiner Wahl und sicherte ihm seinen Willen zur Zusammenarbeit zu. Biden rief den Kongress zugleich auf, jetzt rasch die von ihm beantragten neuen Hilfen für Israel und die Ukraine in Höhe von mehr als 75 Milliarden Dollar (rund 71 Milliarden Euro) zu beschließen.

Auch müsse eine Mitte November drohende Haushaltssperre verhindert werden, mahnte der Präsident. "Wir müssen schnell vorangehen, um unsere Bedürfnisse der nationalen Sicherheit anzugehen und einen Shutdown in 22 Tagen zu vermeiden."

Mit Johnsons Wahl endet - zumindest vorerst - ein dreiwöchiges Chaos bei den Republikanern, das inmitten interrnationaler Großkrisen das Repräsentantenhaus blockiert hatte. Der bisherige republikanische Vorsitzende Kevin McCarthy war am 3. Oktober durch eine Revolte rechter Hardliner in den eigenen Reihen als erster "Speaker" der US-Geschichte gestürzt worden.

In den folgenden Wochen scheiterten angesichts von internen Kämpfen bei den Republikanern nacheinander drei von der Fraktion nominierte Kandidaten: Steve Scalise, Jim Jordan und zuletzt Tom Emmer. Da das Repräsentantenhaus ohne Vorsitzenden keine Gesetze beschließen kann, war die Kongresskammer in der Zeit gelähmt.

Die Republikaner, die im Repräsentantenhaus über eine knappe Mehrheit verfügen, votierten schließlich am Mittwoch geschlossen für ihren vierten Kandidaten Johnson. Bidens Demokraten stimmten geschlossen für ihren Fraktionsvorsitzenden Hakeem Jeffries.

Jetzt dürften schwierige Verhandlungen über neue Militärhilfen für Israel und die Ukraine beginnen. Viele Republikaner lehnen eine weitere Unterstützung Kiews ab, während Biden und seine Demokraten die Hilfen für Israel und die Ukraine koppeln wollen.

Grundsätzlich dürften die anstehenden Haushaltsverhandlungen schwierig werden. Die Republikaner fordern umfassende Ausgabenkürzungen. Johnson selbst bezeichnete den Schuldenberg des Landes am Mittwoch als "die größte Bedrohung für unsere nationale Sicherheit". 

Das Szenario einer Haushaltssperre ab dem 17. November, wenn ein Übergangshaushalt ausläuft, ist deswegen keineswegs vom Tisch. McCarthy war von Hardlinern der eigenen Partei gestürzt worden, nachdem er zur Vermeidung eines solchen Shutdowns mit den Demokraten zusammengearbeitet hatte.

McCarthys Nachfolger Johnson hat wenig öffentliches Profil und kaum politische Führungserfahrung. Der Gegner von Abtreibungen und der Homo-Ehe sitzt seit 2017 in der Kongresskammer. Nach der von Trump verlorenen Präsidentschaftswahl Ende 2020 gehörte er zu den Abgeordneten, die versuchten, mit rechtlichen Mitteln gegen den Ausgang der Wahl vorzugehen. Er stimmte selbst nach der Erstürmung des Kapitols durch radikale Trump-Anhänger am 6. Januar 2021 zusammen mit vielen Parteikollegen gegen eine Anerkennung von Bidens Wahlsieg.

"Ich habe nicht einen negativen Kommentar über ihn gehört", sagte Trump, der bei der Präsidentschaftswahl 2024 erneut antreten will, am Mittwoch vor der Abstimmung im Repräsentantenhaus. "Alle mögen ihn, er wird von jedem respektiert." Johnson werde ein "spektakulärer" Vorsitzender.

fs/ma


Fabian Erik SCHLÜTER / © Agence France-Presse