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"Mit voller Wucht getroffen"

Sturmflut lässt große Schäden an Ostseeküste zurück

Eine heftige Sturmflut hat eine Nacht lang an der schleswig-holsteinischen Ostseeküste gewütet und schwere Schäden zurückgelassen. Rund 2000 Menschen mussten evakuiert werden, eine Frau auf Fehmarn wurde in ihrem Auto von einem umstürzenden Baum erschlagen: Diese Bilanz legte die Landesfeuerwehr Schleswig-Holstein am Samstag vor. In Städten wie Flensburg, Schleswig und Eckernförde wurden ganze Straßenzüge überschwemmt. Der Strom war abgestellt, drei Deiche brachen unter dem Druck der Wassermassen, mehrere in Häfen liegende Boote gingen in den Fluten unter.

Im Verlauf des Samstagvormittags sanken die Pegelstände wieder, der Katastrophenalarm wurde aufgehoben. Die höchsten Wasserstände waren gegen Mitternacht verzeichnet worden: In Flensburg etwa lag der Pegel laut Feuerwehr knapp 2,30 Meter über Normal - ein Wert, den es dort seit fast 120 Jahren nicht mehr gab. 

Auch andere Orte seien "von den Wassermassen mit voller Wucht getroffen" worden, erklärte die Feuerwehr. Allein in Maasholm, einem kleinen Ort an der Schleimündung, hätten 400 Menschen aus Sicherheitsgründen wegen eines Deichbruchs evakuiert werden müssen.

Die schleswig-holsteinische Feuerwehr meldete rund 2000 unwetterbedingte Einsätze. Die Aufräumarbeiten, Reparaturen und Wiederaufbauarbeiten würden "wohl noch längere Zeit in Anspruch nehmen", erklärte die Feuerwehr. Es sei "erheblicher Sachschaden" entstanden. 

Der Oberbürgermeister der besonders betroffenen Stadt Flensburg, Fabian Geyer, sprach am Samstag von einem "extremen Hochwasser". Das Schlimmste sei aber überstanden: "Heute wird es ans Aufräumen gehen." Bei den Einsätzen in Flensburg wurde den Angaben zufolge ein Feuerwehrmann leicht verletzt, ansonsten habe es keine Personenschäden gegeben.

Die schleswig-holsteinische Landeshauptstadt gab am Morgen Entwarnung. "Kiel ist im Vergleich glimpflich davon gekommen", erklärte der Amtsleiter der Kieler Feuerwehr, Thomas Hinz. Menschen seien in Kiel nicht verletzt worden; die Schäden beschränkten sich laut Hinz auf  "gekenterte Boote, vergessene Strandkörbe und wenige Gebäudeschäden".

Verärgert zeigte sich Feuerwehr-Chef Hinz über den Leichtsinn einiger Bürgerinnen und Bürger. "Leider hatten wir öfter mit so genannten Hochwassertouristen zu tun, die auf der Suche nach dem spektakulärsten Foto zu dicht an das Hochwasser getreten sind." Dies habe mehrere Einsätze ausgelöst.

Weniger stark als Schleswig-Holstein war Mecklenburg-Vorpommern von der Sturmflut betroffen. Mancherorts stieg der Wasserpegel laut Landesregierung kurzzeitig auf rund 1,50 Meter über Normal. Die Deiche und Flutsperrwerke hätten ihren Zweck erfüllt, erklärte Landwirtschaftsminister Till Backhaus (SPD). Ohne das Sperrwerk Greifswald etwa wären "große Flächen" in Greifswald und Umgebung überflutet worden, erklärte er.

Backhaus warnte vor dem Betreten von Küstendünen. Durch Seegang und Wasserstand seien "erhebliche Sandmengen" an Mecklenburg-Vorpommerns Küste umgelagert worden. Die Dünen und Steilküsten könnten deshalb instabil und gefährlich sein. Die Küstenschutzverwaltung werde sich in den kommenden Wochen bemühen, die Gefahr zu verringern.

Ausgelöst wurden Sturm und Sturmflut nach Angaben des Deutschen Wetterdiensts durch starke Luftdruckunterschiede zwischen einem Tief über Westeuropa und einem ausgeprägten Hoch über Skandinavien. Dadurch drückten starke Sturmwinde die Wassermassen von Osten an die Ostseeküste. 

Auch in Schweden, Dänemark und in Großbritannien gab es deshalb Unwetteralarm. Mehrere Fährverbindungen über die Ostsee wurden vorübergehend unterbrochen - etwa zwischen Deutschland und Dänemark, Deutschland und Schweden sowie Schweden und Polen. Am Flughafen Kopenhagen wurden 77 Flüge gestrichen. In England war der Zugverkehr wegen Sturmböen und starken Regenfalls zeitweise erheblich gestört.

pw/ju


© Agence France-Presse