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Orban zum Asylpaket: "Vergewaltigung und Schlamperei" - Scholz lächelt es einfach weg

EU-Gipfel in Granada: Orban kündigt Blockaden an - Kommentar: Wird bestimmt wieder von Scholz weggelächelt.

Der ungarische Regierungschef Viktor Orban ѡ  hat ein Gipfeltreffen im spanischen Granada für eine neue Breitseite gegen die Europäische Union genutzt. Er kritisierte am Freitag nicht nur die Migrationspolitik mit drastischen Worten, sondern kündigte darüber hinaus auch eine Blockade neuer Milliardenhilfen für die Ukraine an. Unterstützung bekam er aus Polen, wo in Kürze gewählt wird. 

Ungarn und Polen seien mit der jüngsten EU-Einigung zum Asylpaket "vergewaltigt" worden, sagte Orban. Beide Länder hatten diese Woche in Brüssel als einzige Staaten gegen die sogenannte Krisenverordnung gestimmt, die verschärfte Maßnahmen im Fall der Ankunft besonders vieler Migranten in Europa vorsieht. Budapest und Warschau wurden aber überstimmt.

Deshalb blockierten Orban und der polnische Regierungschef Mateusz Morawiecki den Migrationsteil der gemeinsamen "Erklärung von Granada". Beide Länder hatten zuvor erfolglos auf eine Textänderung gepocht, um einstimmige Beschlüsse statt Mehrheitsentscheidungen bei der Flüchtlingspolitik zu erreichen.

Orban holte in Granada aber noch weiter aus: parallel zu dem Gipfeltreffen verbreitete er ein Video, in dem er die Budgetvorschläge aus Brüssel als eine einzige "Schlamperei" kritisiert. "Brüssel ist auf die Idee gekommen, der Ukraine bedingungslos Kriegsgeld für weitere vier Jahre zu geben", wettert er in dem Film, der mit düsterer Musik unterlegt ist. "Statt Frieden wollen sie dieses Geld, um das fortgesetzte Töten zu unterstützen."

Die EU-Kommission schlägt für die kommenden Jahre weitere 70 Milliarden Euro an Ukraine-Hilfen vor. Ein Teil davon soll aus einem erweiterten EU-Budget fließen, auf das sich die Mitgliedsländer noch einstimmig einigen müssen. Ungarn hat also eine Vetomöglichkeit.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) reagierte dennoch gelassen. "Die Töne, die man ab und zu hört, sollten nicht darüber hinwegtäuschen, dass es faktisch immer gelungen ist, die notwendige Einigkeit herzustellen", sagte Scholz vor seiner Abreise nach Berlin.  

Der russische Präsident Wladimir Putin habe sicher damit gerechnet, dass Europa sich über die Antwort auf seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine zerstreiten werde, sagte Scholz weiter. "Das Gegenteil ist der Fall."

Noch am Donnerstag hatte sich Orban in Granada dabei fotografieren lassen, wie er dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj die Hand schüttelte. Allerdings wird Orban eine Nähe zum russischen Präsidenten Wladimir Putin nachgesagt, Ungarn bezieht zudem weiter Gas aus Russland.

In Granada ging es auch um die EU-Erweiterung. Scholz (SPD) warb perspektivisch für die Aufnahme der Ukraine oder der Balkanländer, knüpfte sie aber an Reformen innerhalb des Staatenbundes. Die EU müsse "zukunftsfähig" werden, sagte der Bundeskanzler. Dafür seien schwierige finanzielle wie politische Fragen zu klären.

Scholz sprach sich in diesem Zusammenhang dafür aus, EU-Fördergelder künftig anders zu verteilen. Es müsse mehr in innovative Techniken, die Erforschung der Künstlichen Intelligenz und die Digitalisierung investiert werden, sagte er. Bisher ist der Großteil der Milliardensubventionen für die Landwirtschaft und die Regionalförderung reserviert. Die Debatte werde "sicher wieder heftig werden", sagte Scholz voraus. "Aber ich bin auf der Seite der Modernisierung."

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sagte, die EU müsse "sehr viel schneller" bei der Erweiterung vorgehen. Es sei aber zu früh, konkrete Aufnahmedaten für die Ukraine oder die Balkanländer zu nennen. 

EU-Ratspräsident Charles Michel hatte eine Aufnahme der Ukraine bis 2030 als möglich bezeichnet. In Granada räumte er ein, dass einige Länder dagegen Vorbehalte hätten. Laut Diplomaten sind unter anderem Berlin und Paris gegen solche Festlegungen. Sie verweisen auf die nötigen Reformen der Kandidatenländer, zu denen seit Juni 2022 auch die Ukraine gehört.

lob/gt Stephanie LOB / © Agence France-Presse