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Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger ist nicht zu toppen

Antisemitismusbeauftragter: Aiwanger torpediert Erinnerungskultur in Deutschland

Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, hat Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger   ѡ  vorgeworfen, der Erinnerungskultur in Deutschland zu schaden. 

Der bayerische Wirtschaftsminister sei ein "schlechtes Vorbild der Politik für junge Menschen" und torpediere damit die Arbeit in Schulen und Gedenkstätten, sagte Klein den Zeitungen der Funke-Mediengruppe vom Freitag. Der Zentralrat der Juden in Deutschland begrüßte zwar Aiwangers Entschuldigung im Zusammenhang mit der Affäre um ein antisemitisches Flugblatt, hielt ihm aber zugleich fehlenden "Willen zur Aufklärung" vor.

Aiwanger weist den in der "Süddeutschen Zeitung" vom Wochenende erhobenen Vorwurf, in seiner Schulzeit in den 80er Jahren ein antisemitisches Flugblatt verfasst zu haben, zurück. Er räumte ein, dass Exemplare in seinem Schulranzen gefunden wurden, bestritt aber am Donnerstag erneut, der Urheber zu sein. Sein Bruder hatte am Wochenende dafür die Verantwortung übernommen.

Aiwanger entschuldigte sich in einem Statement am Donnerstag erstmals für mögliche Fehler in seiner Jugendzeit. Seine Entschuldigung gelte "zuvorderst allen Opfern des NS-Regimes, deren Hinterbliebenen und allen Beteiligten an der wertvollen Erinnerungsarbeit". Zugleich sprach er angesichts der Vorwürfe erneut von einer politischen Kampagne gegen ihn und seine Partei. 

"Das bisherige Vorgehen des Ministers, sich als Opfer einer gegen ihn gerichteten Kampagne zu stilisieren und sich möglichst spät, möglichst wenig und möglichst empathielos zu äußern, dient als schlechtes Vorbild der Politik für junge Menschen in Deutschland", kritisierte Klein. Seine Entschuldigung bei den Opfern des NS- Regimes sei erst nach Tagen "auf massiven Druck von außen" erfolgt.

In der Flugblattaffäre gehe es dem Landeswirtschaftsminister "hauptsächlich um die Abwehr des Vorwurfs, als Schüler Judenhass verbreitet zu haben", sagte der Antisemitismusbeauftragte. "Die Bemühungen in Schulen und Gedenkstätten, gerade jüngeren Menschen einen kritischen und verantwortungsvollen Umgang mit den nationalsozialistischen Verbrechen zu vermitteln, werden durch das Verhalten von Herrn Aiwanger torpediert."

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, sagte der "Bild"-Zeitung, Aiwangers Entschuldigung bei den Opfern und Hinterbliebenen der Schoa sei "ein guter, wenn auch längst überfälliger Schritt". Dass Aiwanger dies aber "mit einer Klage über eine politische Motivation der Vorwürfe" verbinde und "weiterhin den Willen zur offenen Aufklärung vermissen" lasse, sei bedauerlich.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hält trotz der Vorwürfe vorerst weiter an seinem Vizeregierungschef fest. Auf Drängen der Staatskanzlei soll Aiwanger noch einen Katalog von 25 Fragen zu dem Flugblatt schriftlich beantworten. Mit der Affäre um das Flugblatt soll sich am Donnerstag auch ein Sondergremium des bayerischen Landtags befassen.

Die CSU regiert in Bayern derzeit gemeinsam mit den Freien Wählern. Söder will die Koalition auch nach der Landtagswahl am 8. Oktober fortsetzen. Er deutete aber an, dass eine weitere Zusammenarbeit auch ohne Aiwanger denkbar sei. Die Freien Wähler in Bayern stellten sich geschlossen hinter Aiwanger.  

hex/cfm  © Agence France-Presse